Greuze

[283] Greuze (spr. grös'), Jean Baptiste, franz. Maler, geb. 21. Aug. 1725 in Tournus bei Mâcon, gest. 21. März 1805 in Paris, erhielt den ersten Unterricht von dem Lyoner Maler Gromdon und bildete sich dann auf der Pariser Akademie nach dem Modell. Sein erstes größeres Bild, ein Familienvater, seinen Kindern die Bibel auslegend, fand lebhaften Beifall. 1755 begab er sich nach Rom, ohne jedoch durch diese Reise seine auf andre Ziele gerichtete Kunst zu fordern. Erst auf Andringen der Akademie, die ihn als »aggrégé« angenommen hatte und auf seine Probearbeit wartete, trat er 1769 mit einem historischen Genrebild an die Öffentlichkeit: der Kaiser Severus, seinen Sohn Caracalla wegen des in den Engpässen Schottlands gegen ihn beabsichtigten Attentats zur Rechenschaft ziehend (im Louvre), welches Bild ihm die Mitgliedschaft der Akademie erwarb. Durch dse Revolution um sein Vermögen gekommen, starb G. in dürftigen Verhältnissen. Die Motive zu seinen besten Bildern sind dem häuslichen Leben der mittlern und untern Klassen der französischen Gesellschaft entnommen, und obwohl er bei diesen Darstellungen die von Diderot für die Bühne aufgestellten Normen befolgte, zeigt er sich in der Charakteristik durchaus selbständig. G. darf als einer der Bahnbrecher der realistischen Genremalerei gelten. Am beliebtesten sind seine Darstellungen junger Mädchen, deren liebenswürdig-naive, wenn auch etwas kokette Haltung einen großen Reiz übt. Im Louvre befinden sich außerdem: die Dorfbraut, des Vaters Fluch und das Gegenstück dazu: der reuevoll zurückkehrende Sohn, der zerbrochene Krug, das Milchmädchen und eine Anzahl Bildnisse, darunter sein Selbstbildnis. Im Museum zu Montpellier befinden sich: Morgengebet, der Königskuchen, der kleine Mathematiker u. a. Das Berliner Museum besitzt eins der anziehendsten Bilder des Künstlers: ein kleines Mädchen mit einem schwarzen Tuch um die Schultern, die Eremitage zu Petersburg ein andres, nicht weniger treffliches: ein gichtbrüchiger Alter, die Dresdener Galerie den aus der Bibel vorlesenden Hausvater. Vgl. Normand, Jean Bapt. G. (Par. 1892).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 283.
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