Hagenau [2]

[618] Hagenau, Stadt, Kreis- und Kantonshauptort im deutschen Bezirk Unterelsaß, an der Moder, Knotenpunkt der Eisenbahnen Straßburg-Weißenburg, H.-Beningen und H.-Roppenheim, mitten im 13,744 Hektar großen Hagenauer Forst, 145 m ü. M., hat 2 evangelische und 2 kath. Kirchen (die romanische St. Georgskirche aus dem 12. und die gotische St. Nikolauskirche aus dem 13. Jahrh.), Synagoge und (1900) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 137, ein Dragonerregiment Nr. 15, ein Feldartillerieregiment Nr. 31 und eine Abteilung Feldartillerie Nr. 67) 17,993 Einw., davon 4706 Evangelische und 561 Juden.

Wappen von Hagenau.
Wappen von Hagenau.

An industriellen Anlagen befinden sich in H. Wollspinnerei, Schaumwein- und Schuhfabrikation, Bierbrauerei und 21 Hopfendarren. Der Hopfenbau liefert jährlich gegen 5000 dz Hopfen. H. hat ein Gymnasium mit Realschule, Museum, Stadtbibliothek, Strafanstalt für Frauen, Knabenbesserungsanstalt und ist Sitz eines Amtsgerichts, zweier Oberförstereien, eines Hauptsteueramts und des Kommandos der 62. Infanteriebrigade. – H. ist entstanden aus einer Ansiedelung, die Konrad III. in der ersten Hälfte des 12. Jahrh. anlegte. Kaiser Friedrich Barbarossa erbaute daselbst eine Pfalz, umgab den Ort mit Mauern und erteilte ihm 1164 ein Stadtrecht mit ausgedehnten Freiheiten. Nachher ward H. Sitz des Landvogts von H. und 1257 vom deutschen König Richard von Cornwallis zur Reichsstadt erhoben. An ihrer Spitze stand ein königlicher Schultheiß; auch der benachbarte Hagenauer Forst war Reichsgut. Im Juni 1540 fand in H. das ursprünglich nach Speyer berufene Religionsgespräch zwischen den Protestanten und Katholiken statt, doch wurden die Verhandlungen bald nach Worms verlegt. Mit der Landvogtei kam 1648 auch die Stadt H. an Frankreich, worauf Ludwig XIV. 1673, ihre Reichsunmittelbarkeit nicht achtend, die Festungswerke abtragen ließ. 1675 von den Kaiserlichen wieder genommen, wurde sie 1677 von den Franzosen zurückerobert und in Brand gesteckt. 1705 wurde H. abermals von den Kaiserlichen, 1706 wieder von den Franzosen genommen; 1871 fiel die Stadt mit Elsaß-Lothringen an Deutschland zurück, nachdem sie bereits seit der Schlacht von Wörth im Besitz der Deutschen und bis zur Einnahme Straßburgs Sitz des Generalgouverneurs vom Elsaß gewesen war. Unfern das ehemalige, im 13. Jahrh. gegründete Kloster Marienthal, das 1789 säkularisiert wurde und noch jetzt ein berühmter Wallfahrtsort ist. Vgl. Guerber, Histoire politique et religieuse de H. (Basel 1876); Klélé, H. zur Zeit der Revolution 1787–1799 (Hagenau 1885).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 618.
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