Heinsius

[113] Heinsius, 1) Daniel (eigentlich Heins oder Heyns), Philolog und Dichter, geb. 9. Juni 1580 in Gent, gest. 25. Febr. 1655 in Leiden, studierte seit 1595 in Franeker, sodann unter Scaliger in Leiden und wurde 1605 daselbst Professor der griechischen Sprache und Politik, 1607 Kustos der Universitätsbibliothek, 1613 auch Professor der Geschichte. Er lieferte zahlreiche Ausgaben klassischer Schriftsteller, »Orationes«, endlich griechische und lateinische Gedichte (gesammelt als »Poemata auctiora« von seinem Sohn Nicolaas, Leid. 1640) sowie »Nederduytsche poemata« (hrsg. von Scriverius, Amsterd. 1616), die auf Opitz von großem Einfluß waren.

2) Nicolaas, Philolog und Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 20. Juli 1620 in Leiden, gest. 7. Okt. 1681 im Haag, wurde in Leiden gebildet, durchforschte die Bibliotheken von Paris und Italien 1645–48, trat 1650 in die Dienste der Königin Christine von Schweden, bereiste in deren Auftrag 1651–53 von neuem Italien, wurde 1654 niederländischer Resident in Stockholm, 1656 Stadtschreiber in Amsterdam, 1661 wieder Gesandter in Stockholm, ging 1669 in außerordentlicher Mission nach Moskau und privatisierte seit 1671 in seiner Heimat. Im Besitz eines handschriftlichen Materials wie wenige, unterstützt durch umfassende Gelehrsamkeit, reiche Phantasie, geläuterten Geschmack, poetisches Talent, ist er der SospitatorRetter«) poetarum latinorum genannt worden. Er lieferte Ausgaben des Claudian (Leid. 1650), Ovid (das. 1652), Vergil (Amsterd. 1664), Prudentius (das. 1667), Valerius Flaccus (das. 1680). Mannigfache Beiträge zu andern lateinischen Schriftstellern finden sich in den »Adversariorum libri IV« (hrsg. vom jüngern Burman, Harling. 1742, mit Lebensbeschreibung). Seine lateinischen Gedichte erschienen Amsterdam 1666. Vgl. »Brieven van D. Elsevier aan N. H.« (hrsg. von Veder, Amsterd. 1890).

3) Anthony, niederländ. Staatsmann, geb. 22. Nov. 1641 aus einer Patrizierfamilie in Delft, gest. 3. Aug. 1720, studierte die Rechte in Leiden und wurde 1679 Pensionär seiner Vaterstadt. Anfangs der Staatenpartei angehörend, wurde er seit 1682 ein Anhänger und später Freund des Prinzen Wilhelm III. von Oranien. 1687 übernahm er eine Gesandtschaft nach England u. 1688 nach Kaspar Fagels Tode das schwierige Amt eines Ratspensionärs von Holland, wobei er Wilhelms politische Pläne mit allen Kräften unterstützte. Seit dessen Tode 1702 stand er im Mittelpunkt der europäischen Politik, unermüdlich tätig, voll Sachkenntnis und Umsicht, in kühler Bescheidenheit. Im Spanischen Erbfolgekrieg bildete er mit Prinz Eugen und Marlborough das sogen. Triumvirat. Ein Teil seiner wichtigen politischen Korrespondenz wurde von H. J. van der Heim herausgegeben in »Het archief van den raadpensionaris Anthony H.« (Haag 1867–80, 3 Bde.).

4) Nicolaas, der jüngere, niederländ. Schriftsteller, geb. 1656 aus einer erst später sanktionierten Ehe von H. 2) mit der Dänin Margareta Wullen, gest. nach 1703, studierte Medizin und wurde zum Doktor promoviert, mußte aber sein Vaterland wegen eines im Rausche begangenen Mordes verlassen. Er schrieb einen Schelmenroman: »Den vermakelijken avanturier« (Amsterd. 1695, 8. Aufl. 1756; auch ins Französische und Italienische übersetzt) und übersetzte Scarrons »Roman comique« u. d. T.: »De kluch-. ige romant of de edelmoedige comedianten« (das. 1678) und Du Verdiers »Le chevalier hipocondriaque« u. d. T.: »Don Clarazel de Gontarnos« (das. 1697, 2. Aufl. 1712). Vgl. Jan ten Brink, Dr. Nicolaas H. jr. (Rotterd. 1885).

5) Otto Friedrich Theodor, Sprachforscher, geb. 6. Sept. 1770 zu Tschernow in der Neumark, gest. 19. Mai 1849 in Berlin, wirkte seit 1795 als Lehrer an verschiedenen Gymnasien in Berlin, zuletzt als Professor und Rektor am Grauen Kloster. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: »Deutsche Sprachlehre« (Berl. 1798, 3 Bde.; 5. Aufl., Leipz. 1835); »Kleine deutsche Sprachlehre« (das. 1804, 13. Aufl. 1834); »Teut, oder theoretisch-praktisches Lehrbuch der gesamten deutschen Sprachwissenschaft« (das. 1807 bis 1812, 5 Bde.; 5. Aufl. 1835–40); »Der Bardenhain für Deutschlands edle Söhne und Töchter« (Bd. 1–3, Berl. 1808–10, 4. Aufl. 1823–25; dazu 4. Bd. 1825) und das »Volkstümliche Wörterbuch der deutschen Sprache« (Hannov. 1818–22, 4 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 113.
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