Hyäne

[685] Hyäne (Hyaena Briss.), Raubtiergattung aus der Familie der Hyänen (Hyaenidae), Zehengänger mit gedrungenem Leib, von der Schulter nach dem Kreuz hin stark abfallendem, mähnenartig behaartem Rücken, dickem Halse, starkem Kopf, kurzer, kräftiger Schnauze, unschönen Ohren, schief stehenden Augen, krummen Vorderfüßen, kürzern Hinterfüßen, an allen Füßen vier Zehen mit nicht zurückziehbaren Krallen, buschig behaartem, kurzem Schwanz und langem, lockerm, rauhem Pelz. In jeder Kiefernhälfte stehen drei Schneidezähne, ein Eckzahn und ein Backenzahn, der Oberkiefer besitzt jederseits vier, der Unterkiefer drei Lückenzähne. Die Hyänen haben eine kreischende, gräßlich lachende Stimme, verbreiten übeln Geruch, gehen nachts auf Raub aus, dringen bis in die Ortschaften, fliehen aber vor jedem Angriff und wagen sich nur an Schafe, Ziegen, junge Schweine. Am liebsten fressen sie Aas und graben in Südostafrika leicht verscharrte Leichen aus. Den Reisezügen durch Steppen und Wüsten folgen Hyänen, um sich etwaiger Leichen und der Abfallstoffe zu bemächtigen; auch auf Schlachtplätzen und Kothaufen der Dorfbewohner suchen sie ihre Nahrung. Sie finden sich in Süd- und Westasien bis zum Altai, am häufigsten aber in Afrika. Die H. wirft in einer selbstgegrabenen Röhre oder in einer Höhle 3–4 Junge, die sie nur in der ersten Jugend verteidigt. Jung eingefangene Hyänen lassen sich leicht zähmen. Die gefleckte H. (Tigerwalf, H. crocuta Zimm., s. Tafel »Raubtiere VI«, Fig. 1), 1,25 m lang, am Widerrist 80 cm hoch, ist sehr kräftig gebaut, mit dunkel weißlichgrauem, braun geflecktem Pelz, bewohnt Süd- und Ostafrika bis 172 nördl. Br., ist ungleich stärker als die andern Arten und verdrängt, wo sie häufig vorkommt, die gestreifte H. Von Hunger gequält, ist sie sehr kühn, schleppt Kinder fort und soll selbst ermattete oder schlafende Erwachsene angreifen. An Dummheit, Böswilligkeit und Häßlichkeit übertrifft sie weit die gestreifte H. Durch die Peitsche ist sie bis zu einem gewissen Grad zähmbar. Sie pflanzt sich auch in der Gefangenschaft fort. Der Strandwolf (H. brunnea Thunb.), b.´deutend kleiner, einfarbig braun, mit langer, rauher Rückenmähne, lebt in Südafrika, besonders von Aas, das vom Meer ausgeworfen wird, fällt aber, vom Hunger getrieben, auch Herden an. Die gestreifte H. (H. striata Zimm.). 1 m lang, gelblich weißgrau mit schwarzen Querstreifen, rauh- und ziemlich langhaarig, mit großen, ganz nackten Ohren, findet sich quer durch ganz Afrika, in Vorderasien und Indien, ist an menschenleeren Orten sehr häufig, lebt fast ausschließlich von Aas, ist ungemein feig, kommt aber doch in die Dörfer und dicht an die Lager heran. Sie greift niemals Menschen an, gräbt auch keine Leichen aus und ist leicht zähmbar. Die Hyänen sind in Afrika Gegenstand zahlreicher Sagen und Fabeleien; Zauberer sollen die Gestalt der gefleckten H. annehmen, um ihre verderblichen Wanderungen auszuführen. – Hyänen finden sich seit dem Pliocän in Europa und Indien. Die Höhlenhyäne (H. spelaea Goldf., s. Tafel »Diluvium II«, Fig. 6), eine höchst charakteristische Form des europäischen Diluviums, dürfte sich kaum von der lebenden H. crocuta unterscheiden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 685.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: