Jagić

[146] Jagić (spr. -gitsch), Vatroslav von, slaw. Philolog, geb. 6. Juli 1838 in Warasdin, studierte in Wien und wirkte 1860–70 als Lehrer am Gymnasium zu Agram und eine Zeitlang als zweiter Sekretär der südslawischen Akademie daselbst, begab sich jedoch schon 1871 behufs sprachwissenschaftlicher Studien auf Reisen nach Deutschland und Rußland. 1871 übernahm er den Lehrstuhl für vergleichende Sprachforschung an der Universität in Odessa, den er 1874 mit der Professur für slawische Sprachen an der Berliner Universität vertauschte. 1880 folgte er einem Ruf an die Universität in Petersburg; seit 1886 wirkt er als Professor der slawischen Philologie an der Universität in Wien. Außer zahlreichen trefflichen Arbeiten im »Kni-ževnik«, im »Rad«, dem Organ der südslawischen Akademie, in den »Starine«, in den Sitzungsberichten und Denkschriften der Wiener Akademie und andern Fachzeitschriften veröffentlichte er: »Primjeri staro-hrvatskoga jezika« (»Proben aus der altkroatischen Sprache«, Agram 1864–66); »Grammatika hrvatskoga jezika« (»Grammatik der kroatischen Sprache«, Teil 1, das. 1864); »Historija književnosti naroda hrvatskoga i srbskoga« (»Geschichte der serbisch-kroatischen Literatur«, Teil 1, das. 1867) nebst »Prilozi« (»Beilagen«, das. 1868). Für die slawische Philologie sind besonders wichtig sein »Quatuor evangeliorum codex glagoliticus« (Berl. 1879), »Codex Marianus« (Petersb. u. Berl. 1883), »Carminum christianorum versio palaeoslovenico-rossica« (1886), »Kritičeskija zamêtki k istorii russkago jazyka« (»Kritische Bemerkungen zur Geschichte der russischen Sprache«, Petersb. 1888), »Glagolitica. Würdigung neu entdeckter glagolitischer Fragmente« (im 38. Bd. der »Denkschriften« der Wiener Akademie, 1890), »Svetostefanski chrisovulj« (Wien 1890), »Poljički statut« (Agram 1891), »Missale glagoliticum Hervojae, ducis Spalatensis« (Wien 1891), »Razum i filosofija« (serbisch-slowenische Übersetzung der Monostichen Menanders u. a., Belgr. 1891), »Der erste Cetinjer Kirchendruck von 1494« (Wien 1894), »Die Geheimsprache bei den Slawen« (das. 1895), »Codex slovenicus rerum grammaticarum« (Berl. 1896), »Veterís Testamenti prophetarum interpretatio istro-croatica saeculi XVI« (Wien 1897), »Evangelium [146] Dobromiri« (das. 1898–99, 2 Tle.), »Bericht über einen mittelbulgarischen Zlatoust« (das. 1898), »Beiträge zur slawischen Syntax«, 1. Teil (das. 1899), »Zur Entstehungsgeschichte der kirchenslawischen Sprache« (das. 1900) u. a., und für die Frage nach dem Ursprung des glagolitischen Alphabets seine »Kritiko-paleografičeskija statji« (»Kritische Abhandlungen über Paläographie«, Petersb. 1884). Auch gab er zahlreiche serbisch-kroatische Schriftdenkmäler in den »Stari pisci«, ferner »Specimina linguae palaeoslovenicae« (Petersb. 1882) sowie den Briefwechsel zwischen Kopitar und Dobrowský (das. u. Berl. 1885) heraus. Mit Leskien und Nehring gründete er das »Archiv für slawische Philologie« (Berl., seit 1876), dessen Redaktion er noch führt. Seine im »Rad« (1875) erschienene Abhandlung »Gradja za istoriju slovinske narodne poesije« (»Materialien zur Geschichte der slawischen Nationalpoesie«) wurde in mehrere slawische Sprachen übersetzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 146-147.
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