[624] Kaerger, Karl, Kolonialpolitiker, geb. 2. Okt. 1858 in Breslau, gest. 29. Sept. 1903 in Schöneberg bei Berlin, studierte in Leipzig Sprachwissenschaft und Germanistik, dann in Leipzig, Heidelberg, Berlin und Breslau Rechtswissenschaft, widmete sich aber nach dem Referendarexamen alsbald in Straßburg nationalökonomischen Studien. Um die Bedingungen, unter denen das Deutschtum jenseit der Meere lebt, kennen zu lernen, ging er nach Brasilien und ließ sich in der Kolonie Dona Francisca im Staate Santa Catharina nieder. Nach 11/2 Jahren bereiste er die Provinz São Paulo, und 1888 kehrte er nach Deutschland zurück. 1890 war er einige Monate als Leiter der Ostafrikanischen Seehandlung zu Tanga in Deutsch-Ostafrika tätig, dann wurde er zum Privatdozenten an der Landwirtschaftlichen Hochschule ernannt, wo er bis 1895 über Kolonialpolitik, Kolonialwirtschaft und Kolonisationstechnik las. Daneben widmete er sich besonders dem Studium der Landarbeiterfrage. Zur Untersuchung der Ländereien an der Anatolischen Bahn bereiste er Kleinasien und darauf Südafrika. 1895 wurde er zum landwirtschaftlichen Sachverständigen bei der Gesandtschaft in Buenos Aires ernannt, und die Berichte, die er von hier einsandte, bilden die wichtigste Quelle für die ökonomische und soziale Kenntnis des spanischen Amerika. 1899 wurde er nach Mexiko versetzt, und 1901 unternahm er eine Weltreise zum Studium der Rohrzuckerindustrie, von der er nach 21/2 Jahren heimkehrte. Er schrieb: »Zwangsrechte« (Berl. 1882); »Die Lage der Hausweber im Weilertal« (in den Abhandlungen des staatswissenschaftlichen Seminars, Straßb. 1886); »Die Sachsengängerei« (Berl. 1890); »Tangaland und die Kolonisation Deutsch-Ostafrikas« (das. 1892); »Brasilianische Wirtschaftsbilder« (das. 1889, 2. Aufl. 1892); »Kleinasien, ein deutsches Kolonisationsfeld« (das. 1892); »Die Arbeiterpacht« (das. 1893); »Aus drei Erdteilen«, gesammelte Aufsätze (Leipz. 1893); »Die künstliche Bewässerung in den warmen Erdstrichen« (Berl. 1893); »Landwirtschaft und Kolonisation im spanischen Amerika« (Leipz. 1901, 2 Bde.).