Kaiserschnitt

[438] Kaiserschnitt (Sectio caesarea, Lapara Hysterotomia), geburtshilfliche Operation, bei der nach Eröffnung der Bauchhöhle die Gebärmutter aufgeschnitten wird, um die Frucht durch die so geschaffene Wundöffnung zur Welt zu befördern. Seit den Zeiten der Römer besteht in den meisten Kulturstaaten die gesetzliche Vorschrift, im Falle des Ablebens einer Schwangern oder Gebärenden bei Lebensfähigkeit des Kindes Maßnahmen zu seiner Rettung zu treffen. Diese werden in den meisten Fällen in der Vornahme des Kaiserschnittes bestehen müssen. Freilich gelingt es nur selten, das Kind nach dem Tode der Mutter zu retten; denn da es im günstigsten Falle diese nur wenige Minuten überlebt, so kann nur bei schnellster Ausführung der Operation unmittelbar nach dem Ableben der Mutter auf ein lebendes Kind gerechnet werden. An der lebenden Mutter blieb der K. noch bis vor kurzer Zeit auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen überhaupt keine andre Methode der Entbindung ausführbar war. Diese Vorsicht war durch die hohe Sterblichkeit der Mütter nach;dem K. geboten. Seitdem jedoch die Operationsresultate sich besonders durch die Vervollkommnung der Nahtmethode bedeutend gebessert haben, hat man das Gebiet dieser Operation immer weiter ausgedehnt. Zurzeit unterscheidet man den K. aus unbedingter und bedingter Indikation. Unbedingt angezeigt ist er, wenn die Geburtswege so eng sind, daß die Frucht auch in zerstückeltem Zustand auf dem natürlichen Wege nicht geboren werden kann, sei es, daß es sich dabei um hohe Grade von Beckenenge handelt oder um Geschwülste, welche die Geburtswege verlegen. Bedingt angezeigt ist der K. dagegen, wenn der Grad der Beckenenge die Geburt einer reisen Frucht auf dem natürlichen Wege zwar nicht in unversehrtem Zustande, wohl aber nach vorausgegangener Verkleinerung (s. Kraniotomie) zuläßt. Hier, wo der K. lediglich die Erhaltung des kindlichen Lebens bezweckt, darf er nur mit ausdrücklicher Einwilligung der betreffenden Frau ausgeführt werden. Denn wenn auch durch die Fortschritte der modernen Chirurgie die Gefahren des Kaiserschnittes für das mütterliche Leben wesentlich verringert sind, so muß er doch noch mit Recht als die lebensgefährlichste von allen geburtshilflichen Operationen angesehen werden. Anderseits ist bereits eine ganze Anzahl von Fällen bekannt, wo der K. mehrmals an ein und derselben Person mit bestem Erfolg vorgenommen wurde. Die Operation wird in der Regel konservativ, d. h. mit Erhaltung der Gebärmutter (klassischer K.), ausgeführt. Nur in jenen Ausnahmefällen, wo der Zurücklassung dieses Organs im Körper gewichtige Gründe entgegenstehen (z. B. bei Osteomalacie, Geschwülsten oder Infektion der Gebärmutter), wird an die Entleerung der Gebärmutter die supravaginale Amputation derselben angeschlossen (Porro-Operation). Die Prognose für die Mutter hängt von der Asepsis und der exakten Ausführung der Naht der Gebärmutter ab. Je weniger Gelegenheit zur Infektion vor und während der Operation bestand, desto besser ist die Heilungsaussicht. Die Prognose für das Kind ist, wenn der K. an der Lebenden ausgeführt wird, eine durchaus günstige. – Schon im Talmud wird der K. erwähnt, er wurde aber im Altertum nur an toten Müttern vorgenommen, was schon durch die Lex regia de mortuo [438] inferendo von Numa Pompilius geboten war; erst seit dem 16. Jahrh. findet man Nachrichten vom K. an Lebendigen. Der Ausdruck K. (Übersetzung von sectio caesarea) kommt von caedo, »ich schneide aus«, wie Plinius erklärt (»Hist. nat.«, VII, 9). Die Römer nannten caesones die auf diese Art zur Welt Gebrachten, nachdem primus caesarum, also Cäsar (»der Herausgeschnittene«), auf diese Art zur Welt gebracht worden sein soll.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 438-439.
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