Konsolidation

[416] Konsolidation (lat.), Sicherung, Vereinigung; Vereinigung einer Wunde durch Heilung; im Bergbau die Vereinigung mehrerer schwacher Zechen zu einer Gewerkschaft; im Lehnrecht (auch Inkameration) der Rückfall eines Lehens an den Lehnsherrn (s. Lehnswesen); beim Nießbrauch die Vereinigung (Konfusion) von Nießbrauchsrecht und Eigentum in Einer Person, sei es, daß der Eigentümer das Nießbrauchsrecht zurückerwirbt, oder daß der Nießbraucher zugleich Eigentümer wird; in diesen Fällen erlosch bisher das Nießbrauchsrecht; nach § 889 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist dies aber nicht mehr der Fall; so kann z. B. der Eigentümer eines Grundstücks an diesem eine sogen. Eigentümerhypothek (s. Hypothek) haben. K. (Arrondierung, Kommassation, Verkoppelung) wird auch eine Art der Zusammenlegung von Grundstücken genannt (s. Flurregelung, S. 729).

Im Finanzwesen heißt K. die Vereinigung mehrerer älterer Anleihen in eine einzige, sei es, daß damit bloß eine Vereinfachung des Rechnungswesens und eine Vereinheitlichung der Schuldtitel oder auch eine Hinausschiebung oder gänzliche Abschaffung der Tilgung (Umwandlung der Schuld in eine ewige Rente) oder eine Herabsetzung des Zinsfußes (s. Konversion) verbunden wird. Dann bezeichnet man auch mit K. die Umwandlung von schwebenden Schulden, d. h. solchen, die in der nächsten Zeit getilgt werden sollten, in bleibende, die, nach einem festen Plan verzinst, allenfalls auch getilgt werden sollen (das englische consolidate bedeutet auch soviel wie festmachen). Solche umgewandelte Schulden nennt man konsolidierte Schulden, die ausgegebenen Schuldscheine konsolidierte Fonds, konsolidierte Obligationen, auch kurz Konsols. Dieser Name (Abkürzung für consolidated stocks oder annuities, soviel wie konsolidierte Renten) entstand in England, wo man 1751 mehrere bis dahin voneinander getrennte 3proz. Fonds konsolidierte. Die Konsols, ursprünglich 9 Mill., heute 500 Mill. Pfd. Sterl., bilden den Hauptteil (ca. vier Fünftel) der englischen Staatsschuld; sie werden jetzt mit 23/4 und (ca. 31 Mill.) mit 21/2 Proz. verzinst und sind das an der Londoner Börse am häufigsten gehandelte Papier, gewissermaßen das Thermometer der Börse, da die übrigen Papiere ihren Schwankungen zu folgen pflegen. Seit 1863 können die Inhaber dieser englischen Konsols auch auf Namen oder auf den Inhaber lautende und mit Coupons versehene Zertifikate (s. d.) erhalten, während die Konsols bis dahin nur in Einschreibungen in den Büchern der Staatsschuld bestanden. Seit der 1869 eingetretenen Konsolidierung preußischer Staatsschulden (Konvertierung in 41/2proz., 1885 in 4proz. Papiere) spricht man auch von preußischen Konsols. Jetzt gibt es in Preußen 31/3- und 3proz. Konsols. Die erstern (rund 3,6 Milliarden Mark) sind laut Gesetz vom 23. Dez. 1896 aus Umwandlung der 4proz. konsolidierten Anleihe entstanden; die letztern (rund 1,1 Milliarde Mk.) sind seit 1890 auf Grund verschiedener Gesetze ausgegeben worden. Oft versteht man unter Konsols auch Rentenschuldverschreibungen schlechthin ohne bestimmte Tilgungsfrist im Gegensatz zu planmäßig amortisierbaren Obligationen. Bei der Umwandlung von schwebenden in stehende Schulden kommt es wohl vor, daß letztere eine Zeitlang nicht verzinst werden. Die Verzinsung läßt man erst beginnen, wenn durch Tilgung andrer Anlehen Mittel verfügbar werden. Die Schuldscheine, die begeben wurden, um aus dem Erlös die schwebende Schuld zu bezahlen, heißen dann aufgeschobene Obligationen (engl. Deferred, franz. Différées, span. Deferados). Ein solches Verfahren kommt jedoch bei gesunder Finanzwirtschaft nicht vor. Auch ist es bei einer solchen nicht nötig, die Konsols[416] zu fundieren, d. h. Verzinsung und Tilgung auf ganz bestimmte Einnahmequellen des Staates zu verweisen. Vgl. Staatsschulden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 416-417.
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