Le Gallienne

[321] Le Gallienne, Richard, engl. Schriftsteller, geb. 20. Jan. 1865 in Birkenhead, erzogen im Liverpool College, war zuerst Buchhalter, dann 1889 Theatersekretär und übernahm 1891 die literarischen Kritiken am »Star«. Allgemeines Aufsehen machte er mit seinen ersten, gefühlvollen, wenn auch oft allzu körperlosen Gedichten »My ladies sonnets«, dann mit »Volumes in folio« (1889), reizenden Kleinigkeiten, mit den »Book bills of Narcissus« (1891, neue Ausg. 1895) und den »English poems« (1892). Aber schon im »Narcissus« machte sich Pose und Unnatur breit, und die »Poems« sind oft von Prätension und literarisch-trockner Polemik. Etwas gehaltvoller ist »Robert Louis Stevenson, and other poems« (1895). Die Paraphrase des »Rubaiyat of Omar Khayyâm« (1897) steht unter der Fitzgeraldschen. In der Prosa war L. im allgemeinen glücklicher. Eigentümlich beeinflußt ist Stil und Darstellung durch ihren Gegenstand in »George Meredith: some characteristics« (1890, 5. Aufl. 1900), der ersten größern Behandlung dieses Meisters. Sein frisch geschriebenes rationalistisches Werk »The religion of a literary man« (1893) trägt in seinem dialektischen Eklektizismus schon alle künftigen Fehler in sich. Die »Prose fancies« (1894, neue Folge 1896) treten in formeller Nachahmung Charles Lambs, aber ohne dessen Naivität, für das Bürgertum als Richter in Kunstsachen ein. In letzter Zeit veröffentlichte L. zwei Romane: »The quest of the golden girl« (1897) und »The romance of Zion Chapel« (1898), zwei Liebesgeschichten, hier mit tragischem, dort mit satirisch-frivolem Grundton, denen »Young lifes« (1899), »The beautiful lie of Rome« (1900) und »The worshipper of the image« (1900) folgten. L. ist ein ungleiches Talent: in der Prosa natürlich, aber leichtsinnig; im Vers gewandt, aber ohne Feingefühl für die Diktion.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 321.
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