Morley [2]

[151] Morley (spr. morrlĭ), 1) Thomas, bedeutender engl. Musiker, geb. 1557, gest. um 1602, war Schüler von W. Bird und Mitglied der königlichen Vokalkapelle in London. Morleys Werke (drei- und vierstimmige Kanzonetten, fünfstimmige Ballette, d.h. Tanzlieder, etc.) erfreuten sich größter Popularität, erschienen auch zum Teil in Ausgaben mit deutschem Text und sind auch durch Neuausgaben (von Clementi, Rimbault) der Gegenwart lebendig erhalten und beliebt. M. war auch als Theoretiker bedeutend (»Introduction to practicall musicke«, Lond. 1597, u.a.). Vgl. O. Becker, Die englischen Madrigalisten W. Bird, Th. M. und J.Dowband (Bonn 1901).

2) Henry, engl. Schriftsteller, geb. 15. Sept. 1822 in London, gest. 14. Mai 1894 in Carisbrooke, ward in Deutschland (Neuwied) erzogen und studierte im King's College zu London Medizin, vertauschte aber diesen Beruf nach übeln Erfahrungen mit dem eines Schulleiters (erst in Manchester, dann in Liverpool). Er veröffentlichte ironische Schriften, wie »How to make home unhealthy« (1849), wodurch er die Aufmerksamkeit von Dickens erregte, der ihn zum journalistischen Mitarbeiter für »Household Words« und »All the year round« gewann. In diese Zeit fiel: »A defence of ignorance« (1851); »Life of Palissy, the potter« (1852); »Life of Jérôme Cardan« (1854, 2 Bde); »Life of Cornelius Agrippa« (1856); »Life of Clément Marot« (1870); »Memoirs of Bartholomew Fair« (1858, 4. Aufl. 1892) sowie »Journal of a London playgoer«, eine Sammlung dramatischer Besprechungen (1866), und[151] zwei Bände »Fairy tales« (1859–60). Seine Haupttätigkeit liegt jedoch auf dem Felde der englischen Literaturgeschichte. Hierher gehören: »English writers« (1864–67, 2 Bde.; ganz umgearbeitet und bis auf Shakespeare fortgesetzt, 1887–95, 11 Bde.); »Tables of English literature« (1870, neue Ausg. 1899); »A first sketch of English literature« (1873, 13. Aufl. 1894); »Library of English literature« (1875 bis 1881, 5 Bde.); »English literature in the reign of Victoria« (1881); »An attempt towards a history of English literature« (1887) u.a. Nicht sehr kritisch, war er doch ein ungemein fleißiger Sammler. Sein Hauptverdienst um die Literatur gewann er sich als Herausgeber volkstümlich-billiger Klassikerausgaben, so unter andern »Morleys Universal Library«, »Cassels National Library«. Außerdem hat er 1868 den »Spectator« von Steele und Addison kommentiert herausgegeben. Von 1857–65 war M. Lektor am King's College in London; von 1865–1889 bekleidete er die Professur der englischen Literatur am University College daselbst. Vgl. Solly, Life of Henry M. (Lond. 1898).

3) John, engl. Schriftsteller und Staatsmann, geb 1838 zu Blackburn in Lancashire, studierte in Oxford, ward 1873 Rechtsanwalt in London, wandte sich aber wesentlich der Politik und Literatur zu. Als »philosophischer Radikaler« leitete er eine Zeitlang die »Literary Gazette« und redigierte 1867 bis Oktober 1882 die »Fortnightly Review«, durch die er bedeutenden Einfluß auf die Literatur ausübte. Zugleich war er 1880–83 Herausgeber der »Pall Mall Gazette« und seitdem (bis 1885) von »Macmillan's Magazine«. Seit 1883 Mitglied des Parlaments, schloß er sich aufs engste an Gladstone an, in dessen Ministerien er 1886 und 1892–95, zuletzt unter Rosebery, Obersekretär von Irland war. Bei den Wahlen von 1895 wurde er geschlagen und erst im Februar 1896 wieder ins Unterhaus gewählt, wo er die südafrikanische Politik der Regierung 1899 aufs entschiedenste bekämpfte. In das Kabinett Campbell-Bannerman trat er im Dezember 1905 als Staatssekretär für Indien ein. M. ist Ehrendoktor der Universitäten Cambridge, Glasgow u. Oxford. Er schrieb viele, teilweise später in den »Critical miscellanies« (1871; neue Ausg. 1886, 3 Bde.) vereinigte Essays, die sich durch seine literarische Kritik auszeichneten, und die sehr wertvollen Monographien: »Edmund Burke, a historical study« (1867), »Voltaire« (1871, 4. Aufl. 1886), »Rousseau« (1873, 2 Bde.; 2. Aufl. 1886), »Diderot and the Encyclopaedists« (1878, 2 Bde.; 3. Aufl. 1886), »Life of Richard Cobden« (1881, 2 Bde.; auch in kleinerer Ausg., zuletzt 1903), »Walpole« (1889), »Oliver Cromwell« (1900, neue Ausg. 1904) und »Life of W. E. Gladstone« (1903, 3 Bde.); ferner: »The struggle for national education« (1873), »Studies in literature« (1891) und »On compromise« (1874 u.ö.; deutsch: »Überzeugungstreue«, Hannov. 1878); »Literary essays« (1906). Seit 1877 leitete er das biographische Sammelwerk »English men of letters« (39 Bdchn.; neue Ausg. in 13 Bdn.), für das er selbst E. Burke (1879) bearbeitete. Seine gesammelten Werke erschienen 1886 bis 1889 in 10 Bänden.

4) Arnold, engl. Politiker, geb. 1849 in London, studierte in Cambridge, wurde 1873 Rechtsanwalt in London und 1885 für Nottingham ins Unterhaus gewählt. Hier gehörte er zu den eifrigsten unter den jüngern Anhängern Gladstones, war in dessen drittem Kabinett Januar bis Juli 1886 Sekretär im Schatzamt und fungierte von 1886–92 als »Einpeitscher« (whip) der liberalen Partei. Gladstones viertem Kabinett (August 1892 bis Juni 1895) gehörte M. als Generalpostmeister an, verlor aber bei den Wahlen im Juli 1895 seinen Sitz im Parlament.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 151-152.
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