Nachlaßgericht

[360] Nachlaßgericht ist nach dem vierten Buch des Bürgerlichen Gesetzbuches und dem fünften Abschnitt des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit dasjenige Amtsgericht, bei dem diejenigen Angelegenheiten einer bestimmten ' Erbschaft erledigt werden müssen, die zwar nicht im Prozeßweg, aber doch gerichtlich zu erledigen sind. Maßgebend für die Zuständigkeit des Amtsgerichts ist der Wohnsitz des Erblassers, sonst sein allgemeiner Aufenthaltsort zur Zeit seines Todes, fehlt beides bei einem Reichsangehörigen, so ist sein letzter Wohnsitz innerhalb des Reiches ausschlaggebend. Treffen alle diese Möglichkeiten nicht zu, so kann bei Reichsangehörigkeit des Erblassers die Justizverwaltung seines Bundesstaates oder der Reichskanzler ein Amtsgericht als zuständig benennen. Bei einem Ausländer ist jedes Gericht, in dessen Bezirk sich Nachlaßgegenstände befinden, zuständig, falls er im Inlande zur Zeit des Erbfalles weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte. Das N. hat insbes. auf Antrag (nach Landesrecht, wenn die Beteiligten sie nicht binnen bestimmter Frist selbst bewirken, von Amts wegen) die Auseinandersetzung des Nachlasses unter mehreren Erben zu vermitteln, sofern nicht ein hierzu berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist. Einem abwesenden Beteiligten kann es hierzu einen Pfleger bestellen. Im Verhandlungstermin verhandelt es dann auch bei Ausbleiben einer Partei. Die Beteiligten können vorher über Art der Teilung Vereinbarung treffen. Letztere wird danach durch das N. beurkundet. Dieses fertigt außerdem einen Auseinandersetzungsplan; sind die Beteiligten damit einverstanden, so wird er beurkundet und bestätigt (Bestätigungsbeschluß). Ergeben sich Streitpunkte, so wird das Verfahren bis zu ihrer Erledigung ausgesetzt. Vgl. Weißler, Das deutsche Nachlaßverfahren (Berl. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 360.
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