Oken

[13] Oken, Lorenz, eigentlich Ockenfuß, Naturforscher, geb. 1. Aug. 1779 zu Bohlsbach bei Offenburg in Baden, gest. 11. Aug. 1851 in Zürich, studierte in Würzburg und Göttingen Medizin, habilitierte sich in Göttingen als Privatdozent, ward 1807 außerordentlicher Professor der Medizin in Jena, wo er über Naturphilosophie, allgemeine Naturgeschichte, Zoologie und vergleichende Anatomie, Pflanzen- und Tierphysiologie las. 1812 erhielt er die ordentliche Professur der Naturwissenschaften und begann 1817 die Herausgabe der »Isis«, eines enzyklopädischen Blattes, vorzugsweise aber naturhistorischen Inhalts. Da die Presse damals in Weimar große Freiheit genoß, veröffentlichte O. in der »Isis« alle ihm zugesendeten Klagen und Beschwerden, sobald sie allgemeines Interesse hatten, 1819 aber sah sich die weimarische Regierung genötigt, O. anheimzustellen, entweder die »Isis« oder seine Professur aufzugeben. O. wählte das letztere und ließ die »Isis« in Rudolstadt erscheinen, bis sie 1848 einging. Er lebte als Privatgelehrter in Jena und rief die Naturforscherversammlungen ins Leben, die 1822 zum erstenmal in Leipzig tagte. 1827 ging er als Privatdozent an die Universität München, wurde daselbst 1828 ordentlicher Professor, folgte aber 1832 einem Ruf als Professor nach Zürich. Seine Büste, von Drake in Berlin gefertigt, ward 1853 am Fürstengraben in Jena aufgestellt; 1883 wurde ihm ein Denkmal in Offenburg gesetzt. Okens Hauptbestreben ging auf die Darstellung eines in sich zusammenhängenden, alle Reiche der Natur und deren Elemente umfassenden Natursystems, das, obwohl auf Schelling sich stützend, doch ganz eigentümlich ist. Die von O. geschaffene und meist aus neugebildeten oder doch ungewöhnlichen Ausdrücken bestehende Nomenklatur ist Erzeugnis des Bestrebens, die leitenden Grundsätze für die Einteilung durch die Namen anzudeuten. In seinem »Lehrbuch der Naturphilosophie« (Jena 1808–11; 3. Aufl., Zürich 1843) gab er die philosophische Begründung des Systems, das in dem »Lehrbuch der Naturgeschichte« (Leipz. 1813–27, 3 Bde.) vollständig entwickelt ist. Die Naturphilosophie ist nach O. die Wissenschaft von der ewigen Verwandlung Gottes in die Welt, und ihre Aufgabe ist, die Entwickelungsmomente der Welt von den Elementen an bis dahin, wo dieselben im Menschen zur Vernunft kommen, darzulegen. Sie wurde vielfach mißverstanden und hat zu mancherlei Verirrungen in der Naturwissenschaft geführt. O. schrieb noch eine »Allgemeine Naturgeschichte für alle Stände« (Stuttg. 1833–45, 7 Bde. in 13 Tln.). Vgl. Ecker, Lorenz O. (Stuttg. 1880); Güttler, L. O. und sein Verhältnis zur modernen Entwickelungslehre (Leipz. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 13.
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