Opuntĭa

[87] Opuntĭa Haw. (Fackeldistel, Feigendistel), Gattung der Kaktazeen, gegliederte Fettpflanzen mit blattartigen, meist dicken, zylindrischen oder keulenförmigen Gliedern, zuweilen mit kräftigem Stamm, filzigen Areolen in den Achseln abfallender oder bleibender, spindel- oder pfriemenförmiger Blätter, mit Bündeln zahlreicher, meist gelber, dünner Widerhakenstacheln, bisweilen auch großen, derben, sehr langen gewöhnlichen Stacheln, aus den randlichen oder gipfelständigen Areolen entspringenden, gelben, roten oder weißen, meist einzelnen Blüten und eiförmiger, feigenartiger, grüner, gelber oder roter, genabelter, stachliger, schleimiger, mehr oder minder süßer oder fader, genießbarer Frucht. Die etwa 150 Arten kommen in allen Ländern Amerikas, wo überhaupt Kakteen gedeihen, hauptsächlich in Mexiko, Peru und Chile, vor und zwar meist in den gebirgigen Gegenden. Sie erfordern größtenteils kein tropisches Klima, einige finden sich auf den Kanaren, im südlichen Spanien, in Portugal und Italien, ja selbst im südlichen Tirol, oft den Charakter der Gegend bestimmend, verwildert, und mehrere können bei uns im Freien fast ohne Schutz kultiviert werden. O. missouriensis erreicht unter 53° nördl. Br. die nördliche, O. patagonica unter 50° südl. Br. die südliche Grenze der Kakteen. In den heißen Ländern werden mehrere Arten zu Einfriedigungen verwendet, die wegen ihres dichten Wachstums und wegen ihrer Stacheln einen guten Schutz abgeben. O. vulgaris Mill. (gemeine [87] Fackeldistel, s. Tafel »Mittelmeerflora«, Fig. 14), mit umgekehrt-eiförmigen, gewöhnlich unbestachelten Gliedern und zitronengelben Blüten, in den östlichen Vereinigten Staaten von Massachusetts bis Georgia, ist überall in Südeuropa, auch noch bei Bozen verwildert, hat die unfruchtbarsten Felswände und Steingründe der Mittelmeerländer überzogen und bietet in den Früchten monatelang ein Nahrungs- und Erfrischungsmittel des Volkes, wie in ihrer Heimat. Die Stengelglieder frißt das Vieh, und die ganze Pflanze dient zu Einzäunungen. In Neusüdwales und Queensland hat sie sich seit etwa 50 Jahren ungemein verbreitet und Tausende von Quadratkilometern wertlos gemacht. Alle Vertilgungsmaßregeln blieben wirkungslos. O. Ficus indica Mill. (Feigendistel, Spanier-, Kaktusfeige, indische Feige, Feige der Berberei), mit 50 cm langen und 30 cm breiten Gliedern, stammt aus Süd- und Mittelamerika und wird hauptsächlich der Früchte halber in allen wärmern Gegenden der Erde, auch in Südeuropa kultiviert. O. Tuna Mill., baumartig, mit roten Blüten (s. Tafel »Kakteen«, Fig. 14), wächst in Mexiko und im nördlichen Südamerika. O. Pseudo-Tuna S.-Dyck. mit umgekehrt-eiförmigen, auch sehr großen Gliedern. pfriemlichen, roten Blättern und gelben Blüten, im warmen Amerika, dient zur Cochenillekultur (vgl. Nopalea). Mehrere O. – Arten werden als Zierpflanzen kultiviert. O. Rafinesquiana Englm., mit umgekehrteiförmigen, hellgrünen Gliedern und großen gelben Blüten, wächst im Mississippital von Kentucky bis Missouri und von Minnesota an südwärts, erträgt wie mehrere andre Arten (z. B. auch O. missouriensis DC., O. fragilis Haw., O. brachyarthra Big et Eng., O. rhodantha K. S., s. Tafel »Zierpflanzen II«, Fig. 11) den norddeutschen Winter und reift auch ihre genießbaren, stachelbeerartigen Früchte in unserm Klima. Besonders empfehlenswert ist O. Rafinesquiana var. arcansana aus Arkansas.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 87-88.
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