Polygnótos

[123] Polygnótos, der ausgezeichnetste Maler Griechenlands, aus Thasos gebürtig, Schüler seines Vaters Aglaophon, lebte um 450 v. Chr. in Athen, das ihn, ebenso wie Delphi, zum Dank für seine großartigen Schöpfungen mit dem Bürgerrecht belohnte. Er war Kimons Hausfreund und der begünstigte Liebhaber von dessen Schwester Elpinike. Im Dioskurentempel zu Athen malte er den Raub der Leukippiden, im Theseion mehrere Taten dieses Heros in Gemeinschaft mit Mikon, mit dem zusammen er auch die Stoa Poikile (bunte Halle) mit Malereien schmückte. Verschiedene Bilder des Meisters enthielt die Pinakothek der Propyläen; den Freiermord des Odysseus malte er in der Vorhalle des Athenetempels in Platää. Sein bedeutendstes Werk aber befand sich in der Lesche der Knidier zu Delphi, nämlich rechts an der Wand die Eroberung Trojas und die Abfahrt der Hellenen, links Odysseus' Besuch in der Unterwelt. Goethe beschäftigte sich viel mit seiner Rekonstruktion. Die Brüder Riepenhausen haben die delphischen Bilder nach des Pausanias genauer Beschreibung zu komponieren versucht (photolithographische Ausg., Leipz. 1884, 18 Blätter). P. beseitigte die alte Steifheit und Unbeweglichkeit in den Figuren und verband mit genauer Zeichnung und einfacher Farbengebung eine edle und scharfe Charakterisierung der Gestalten. Er legte seinen Kompositionen große geistige Ideen zugrunde und wurde deshalb als Ethographos (»Charakterschilderer«) noch von Aristoteles hochgepriesen. Vgl. Robert, Die Nekyia, die Iliupersis, die Marathonschlacht in der Poikile (Hallische Winckelmann-Programme 1892, 1893, 1895); Weizsäcker, Polygnots Gemälde in der Lesche zu Delphi (Stuttg. 1895); Schreiber, Die Wandbilder des P. in der Halle der Knidier zu Delphi (Leipz. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 123.
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