Ruland

[247] Ruland, Karl, Kunsthistoriker, geb. 15. Juli 1834 in Frankfurt a. M., studierte seit 1851 Philosophie und Kunstgeschichte in Tübingen und Bonn, war hierauf mehrere Jahre in Frankreich als Hauslehrer tätig, wurde 1859 Privatsekretär und Bibliothekar des Prinz-Gemahls Albert, später der Königin Viktoria von England, und kam als solcher mit den bedeutendsten Persönlichkeiten der Politik, Kunst und Wissenschaft in enge Beziehungen. Nach dem frühen Tode des Prinzen (14. Dez. 1861) blieb R. noch mehrere Jahre in derselben Stellung im Dienste der Königin. 1863 betraute ihn die Königin mit der Fortentwickelung[247] der großen, von dem Prinz-Gemahl angelegten Sammlung der Werke Raffaels. Zu diesem Zwecke machte er längere Studienreisen durch Deutschland und namentlich Italien und ordnete die erzielten Ergebnisse in den nächsten Jahren bei wiederholten Besuchen in Windsor ein; so entwarf er allmählich den großen Raffael-KatalogThe works of Raphael as represented in the Raphael Collection in the Royal Library at Windsor Castle«), der auf Befehl der Königin 1876 gedruckt wurde. In demselben Jahre folgte er einem Rufe des Großherzogs von Sachsen, um die Direktion des Museums in Weimar zu übernehmen; seine Tätigkeit erfuhr hier eine wesentliche Erweiterung, als der Großherzog ihn 1885 mit der Sichtung des dem Staate zugefallenen Teiles des Vermächtnisses des letzten Goethe betraute. Die mannigfaltigen Sammlungen Goethes und das zum Goethe-Nationalmuseum umgeschaffene Wohnhaus des Dichters wurden seiner Leitung übergeben. Reproduktionen von Zeichnungen Goethes sowie von Porträten berühmter Männer aus dessen Sammlung veröffentlichte er mit erläuterndem Text in Bd. 3, 10,12 u. 19 der »Schriften der Goethe-Gesellschaft« (Weim. 1888 bis 1904). Dem Vorstande der Goethe-Gesellschaft seit deren Gründung (1885) angehörend, wurde R. 1887 zum Vorsitzenden ihres Geschäftsführenden Ausschusses, 1899 nach Simsons Tode zu ihrem Präsidenten gewählt. 1906 trat er in den Ruhestand.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 247-248.
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