Schlabrendorf

[814] Schlabrendorf, 1) Ernst Wilhelm von, preuß. Staatsmann, geb. 4. Febr. 1719 aus einem märkischen Adelsgeschlecht, gest. 14. Dez. 1769, ward Vizepräsident der Kriegs- und Domänenkammer in Stettin, dann Wirklicher Geheimer Rat, Staats- und Kriegsminister und vollendete, seit 1755 dirigierender Minister von Schlesien, durch musterhafte Verwaltung das Werk der kriegerischen Eroberung trotz der Leiden des Siebenjährigen Krieges. Eine Dotation von 50,000 Tlr. erlaubte ihm den Ankauf der Herrschaft Kolzig im Kreis Grünberg.

2) Gustav, Graf von, Sohn des vorigen, geb. 22. März 1750 in Stettin, gest. 22. Aug. 1824 in Paris, studierte in Halle und Frankfurt a. O., bereiste Deutschland, Frankreich und England und ließ sich nach dem Beginn der Revolution in Paris nieder. Als Freund der Girondisten 1793 in deren Fall verwickelt, entging er nur durch einen Zufall der Guillotine und ward durch Robespierres Sturz befreit. Napoleon I. ließ ihn, obwohl sich S. ungescheut und offen gegen ihn aussprach, als einen unschädlichen Sonderling unbelästigt, aber als er sich 1813 zu tätiger Teilnahme am Befreiungskrieg nach Preußen begeben wollte, verweigerte man ihm Pässe. Die letzten Jahre seines Lebens beschäftigte er sich vorzüglich mit Erfindung einer Sprachmaschine, die vollkommen die menschliche Stimme nachahmen sollte. Durch sein bereits 1785 errichtetes Testament gründete S. eine schlesische Schulstiftung, aus der mehrere Waisenhäuser und Seminare für Katholiken und Protestanten hervorgingen. Er hatte wesentlichen Anteil an der Schrift seines Freundes J. F. Reichardt: »Bonaparte und das französische Volk unter seinem Konsulat« (1804).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 814.
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