Senföl

[343] Senföl, ätherisches Öl, das sich nicht fertig gebildet im Schwarzen Senf findet, sondern erst beim Anrühren der zerstoßenen Samen mit Wasser durch Einwirkung eines in den Samen enthaltenen Enzyms, des Myrosins, auf Myronsäure, die in den Samen an Kali gebunden (Sinigrin) vorkommt, entsteht. Die Zersetzungsprodukte sind S., Zucker und saures schwefelsaures Kali (C10H16NS2KO9+H2O = CSNC3H5+C6H12O6+KHSO4). Durch Destillation kann man das gebildete S. abscheiden (Ausbeute 0,5 bis 0,75 Proz.). S. besteht aus Isothiocyanallyl CSNC3H5 mit wechselnden Mengen von Cyanallyl und Schwefelkohlenstoff, es ist farblos oder gelblich, vom spez. Gew. 1,016–1,022, riecht und schmeckt durchdringend scharf, reizt die Augen aus großer Entfernung zu Tränen, löst sich schwer in Wasser, leicht in Alkohol und Äther, siedet bei 148°, bildet mit Ammoniak Thiosinamin NHC3H5.CS.NH2, hebt die Gerinnbarkeit des Eiweißes beim Kochen, auch die der Milch und die alkoholische Gärung auf, erzeugt auf der Haut selbst noch bei sehr starker Verdünnung mit Spiritus heftiges Brennen und Blasen und wirkt von allen ätherischen Ölen am giftigsten. Allylbromid (aus Glyzerin) gibt mit Rhodanammonium Rhodanallyl (Thiocyanallyl), das sich beim Erhitzen in isomeres Isothiocyanallyl oder S. umwandelt. Dies künstliche S. gleicht vollständig dem aus Senf erhaltenen. Eine Lösung von 1 Teil S. in 49 Teilen Spiritus bildet den Senfspiritus (Spiritus Sinapis); vgl. Senfpflaster. Weißer Senf liefert das Sinalbinsensöl (Paraoxybenzylsenföl) CSNCH2.C6H4.OH, das neben Sinapin und Zucker bei der Spaltung des im Senf enthaltenen Sinalbins durch Myronsäure entsteht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 343.
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