Senf

[342] Senf (Sinapis L), Gattung der Kruziferen, ästige aufrechte Kräuter mit leierförmigen Blättern, gelben Blüten, schlank abstehenden oder zurückgekrümmten Fruchtstielen und linealischen oder länglichen Schoten mit schwertförmigen oder zusammengedrückt viereckigem Schnabel und kugeligen Samen. Fünf Arten im Mittelmeergebiet bis Mitteleuropa. S. alba L. (weißer S.), einjährig, 30–60 cm hoch, ästig, steifhaarig, mit gefiederten Blättern, ungleich gezahnten, etwas gelappten Fiedern, in langen Trauben stehenden gelben Blüten, kurzen, steifhaarigen Schoten mit ebenso langem, schwertförmigem, viel nervigem Schnabel und 1–5 kugeligen, gelben, grubig punktierten Samen, wächst in Südeuropa und England, findet sich verwildert in Mitteleuropa häufig unter dem Getreide und wird vielfach kultiviert (vgl. Ölfruchtbau). Der Same ist geruchlos und gibt beim Zerreiben mit Wasser eine schwach gelbe, geruchlose Emulsion. Diese enthält einen scharf schmeckenden Stoff, der durch Einwirkung eines fermentartig wirkenden Proteinkörpers (Myrosin) auf das im Samen enthaltene Sinalbin C30H44N2S2O16 entsteht. Letzteres kann durch siedenden Alkohol aus dem Samen ausgezogen werden, kristallisiert, ist indifferent und wird durch Myrosin in Sinalbinsensöl C7H7ONCS, schwefelsaures Sinapin und Zucker gespalten. Senföl liefert weißer S. nie. Der Same enthält auch 30–36 Proz. mildes fettes Öl, das dem besten Speiseöl gleichkommt. Man kultiviert weißen S. in Deutschland, England, Holland und benutzt den Samen zur Gewinnung von fettem Öl und nach dem Pressen sein gepulvert als Speisesenf (Mostrich), indem man ihn mit Essig oder eingedampftem Most (daher der Name) anrührt, auch Mehl und allerlei Gewürze, Zwiebeln, Knoblauch, Salz, je nach dem Lokalgeschmack, beimischt. Besonders beliebt ist in Deutschland der als Düsseldorfer bezeichnete Mostrich, der in allen größern Städten dargestellt wird. S. alba wird auch als Grünfutter benutzt. Der Ackersenf (Hederich, Brassica Sinapistrum Boiss., S. arvensis L., s. Tafel »Unkräuter«, Fig. 8), im Mittelmeergebiet, in ganz Europa und Sibirien, wächst häufig als Unkraut auf Getreidefeldern, gehört chemisch zum weißen S. Der schwarze S. (Brassica nigra Koch, Sinapis nigra L.) wächst an Flußufern im Mittelmeergebiet und in Mitteleuropa, ist durch die Kultur weit verbreitet worden, auch vielfach verwildert, besonders in Kalifornien. Der Same ist geruchlos, gibt aber, zerrieben und mit Wasser angerührt, einen sehr scharf schmeckenden und riechenden Brei, indem sich durch Einwirkung des Myrosins auf das im schwarzen S. enthaltene Myronsäuresalz Senföl (Schwefelcyanallyl), saures schwefelsaures Kali und Zucker bildet. Der Same enthält auch 18–24 Proz. mildes fettes Öl, das durch Pressen gewonnen und als Speise- und Brennöl benutzt wird. Außerdem dienen die Samen zu Senfpflastern, Fußbädern, zur Darstellung von ätherischem Senföl, als Zusatz zum Speisesenf. Man kultiviert schwarzen S. besonders in Holland, Apulien, und der S. juncea L. (Brassica juncea Hook fil. et Thoms.), ganz kahl mit eiförmigen oder lanzettlichen, buchtig gezahnten untern und lanzettlichen, ganzrandigen obern Blättern und linealischen, kahlen Schoten, in Südrußland, in den Steppen nordöstlich vom Kaspischen Meer, wird im großen bei Sarepta im russ. Gouv. Saratow, auch in Indien, Nordamerika, Zentralafrika und andern warmen Ländern kultiviert. Die Samen gleichen denen des schwarzen Senfes auch in chemischer Beziehung, werden besonders in Rußland auf Speiseöl und Senfpulver verarbeitet und gelangen auch in großer Menge in den europäischen Handel, wo das Mehl (Sareptasenf) mit zu Speisesenf und arzneilich benutzt wird. Über levantinischen S. s. Cie. une.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 342.
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