Seydelmann

[393] Seydelmann, 1) Franz, geb. 8. Okt. 1748, gest. 23. Okt. 1806 als Kapellmeister in Dresden, hat Opern (»Die schöne Arsene«, »Il Turco in Italia«, »Das sächsische Bauernmädchen« etc.), Kirchenkompositionen, Klaviersonaten etc. in großer Zahl geschrieben, die sich aber nicht als lebensfähig erwiesen.

2) Karl, Schauspieler, geb. 24. April 1793 zu Glatz in Schlesien, gest. 17. März 1843 in Berlin, trat 1810 in die Armee ein, entsagte später wieder der militärischen Laufbahn und betrat die Bühne zuerst in Breslau, seit 1819 in Graz, und zwar in komischen Rollen. 1820 in Olmütz und Prag engagiert, begründete er hier seinen Ruf als Charakterdarsteller, ging darauf nach Kassel, wurde 1828 Mitglied des Hoftheaters in Darmstadt und trat 1829 in den Mitgliederbund der Stuttgarter Hofbühne. 1835 gastierte er zum erstenmal in Berlin, und zwar mit so glänzendem Erfolg, daß er 1838 für das preußische Hoftheater gewonnen wurde. Seine objektive, bis in die feinsten Züge durchgearbeitete und harmonisch abgerundete Darstellungsweise stellt ihn den größten Schauspielern an die Seite, obwohl ihm Phantasie, Temperament und Wandlungsfähigkeit fehlten, und begründete eine neue charakteristisch individuelle Schule der deutschen Schauspielkunst. Seine Hauptrollen waren: Mephistopheles in »Faust«, Carlos in »Clavigo«, Franz Moor, der Mohr in »Fiesko«, Cromwell, Marinelli, Richard III., Shylock, Polonius, Präsident in »Kabale und Liebe«, Nathan, viele Gestalten aus Ifflands Stücken u. a. Vgl. Rötscher, Seydelmanns Leben und Wirken (Berl. 1845).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 393.
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