Stahlfedern

[836] Stahlfedern, Schreibfedern aus Stahl, werden hergestellt, indem man aus entsprechend dünnem Stahlblech Plättchen von der Gestalt der Federn mittels eines Durchstoßes ausschneidet, dann diese Plättchen unter einem andern Durchstoß mit dem Loch versieht, in dem der Spalt endigt, und zugleich mit den beiden seitlichen Spalten, welche die Biegsamkeit der Feder erhöhen. Hierauf glüht man die Plättchen in eisernen Töpfen aus, versieht sie unter einem Fallwerk mit der Schrift und etwaigen Verzierungen und gibt ihnen auf einer Presse durch Hineintreiben in eine entsprechend konkave Stanze die rinnenförmige Gestalt. Die durch das Ausglühen sehr weich gewordenen Federn werden nun zum Zwecke des Härtens in flachen, bedeckten Eisengefäßen rotglühend gemacht und schnell in Öl oder Tran geschüttet. Behufs ihrer Reinigung von dem Öl behandelt man ne dann mit Sägespänen in einer um ihre Achse rotierenden Trommel, scheuert sie durch eine ähnliche Prozedur mit zerstoßenen Schmelztiegelscherben und schleift sie nun einzeln auf der Außenseite ihres Schnabels durch fast nur augenblickliches Anhalten an eine schnell umlaufende Schmirgelscheibe. Die blau oder gelb angelaufenen S. erhalten diese Farbe durch Erhitzen in einer über Kohlenfeuer rotierenden Trommel aus Eisenblech. Diese Operation ist für alle S. erforderlich, da sie die Härte bestimmt, und es müssen daher diejenigen, die nicht farbig in den Handel gebracht werden sollen, schließlich nochmals gescheuert werden. Zuletzt wird der Spalt mittels einer besonders gebauten kleinen Parallelschere erzeugt. Die von Gebrüder Nevoigt in Chemnitz-Reichenbrand erfundene Maschine zur Anfertigung von S. schneidet die Blechstreifen in unmittelbarer Reihenfolge aus, locht, preßt, schlitzt und formt. Manche S. werden schließlich noch mit Schellackfirnis überzogen. Goldfedern haben eine Spitze aus harter Platin-Osmium-Iridiumlegierung und werden von keiner Tinte angegriffen. – Metallfedern aus Kupfer- und Bronzeblech haben schon die Römer benutzt, sie wurden im Mittelalter durch die Gänsekiele verdrängt. 1544 machte ein Schreib- und Rechenmeister Neumann in Nürnberg aus Kupfer- und Messingblech und 1579 ein Kramer Andres Ludwig Federn aus Messingblech. S. soll 1748 ein Bürgermeistereidiener, Joh. Janssen in Aachen, angefertigt haben, auch der Königsberger Joh. Heinr. Bürger wird als Erfinder der S. genannt. Sicher ist, daß zuerst Alois Senefelder, der Erfinder der Lithographie, Federn aus härtbarem Stahl hergestellt hat. Vgl. Tafel »Schreibkunst«. Erst zu Anfang des 19. Jahrh. dehnte sich der Gebrauch der S. aus. Gegen das Jahr 1820 wurde das Schreiben mit S. allgemeiner, weil der Metallwarenfabrikant Mason in Birmingham sie auf Maschinen im großen erzeugte; doch gilt James Perry in London als der Begründer der großartig entwickelten Stahlfedernindustrie in Birmingham, indem er die richtige Beschaffenheit der S. ausfindig machte (1830–32). In Deutschland entstand die erste Fabrik von Heintze u. Blanckertz 1856 in Berlin. Deutschland führte 1905 Schreibfedern aus unedlem Metall ein 1186 dz im Werte von 1,067,000 Mk. und 675 dz im Werte von 473,000 Mk. aus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 836.
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