Stieglitz, Heinrich

[29] Stieglitz, Heinrich, Dichter, geb. 22. Febr. 1801 in Arolsen, gest. 23. Aug. 1849 in Venedig, studierte in Göttingen und Leipzig, ward 1828 in Berlin Gymnasiallehrer und Kustos an der königlichen Bibliothek und verheiratete sich in demselben Jahre mit Charlotte Sophie Willhöft (geb. 18. Juni 1806 in Hamburg). Ein Nervenleiden veranlaßte ihn jedoch bald, seine Stellen niederzulegen. S. besaß ein an empfindendes Talent, dem aber Stärke und Konzentration fehlten, und er selbst fühlte diesen Mangel aufs tiefste; die Sehnsucht nach einer höchsten Leistung erfüllte und verzehrte ihn krankhaft. Seine schwärmerische Gattin nährte den unseligen Gedanken, daß ein großer Schmerz den Geliebten zum ganzen Mann und Dichter reisen würde, und gab sich deshalb (aber zugleich auch aus andern Gründen) 29. Dez. 1834 durch einen Dolchstich den Tod (vgl. Mundt, Charlotte S., ein Denkmal, Berl. 1835; E. Pierson, Gustav Kühne, Dresd. 1890; L. Geiger, Dichter und Frauen, Berl. 1896; Berdrow, Frauenbilder aus der neuen deutschen Literaturgeschichte, 2. Aufl., Stuttg. 1900; Jacobson, Charlotte S., in »Nord und Süd«, Bd. 90, Bresl. 1899; Houben, Jungdeutsche Lebenswirren, in der »Zeitschrift für Bücherfreunde«, Bd. 10, Bielef. 1907). Die Tat konnte indessen den geträumten Erfolg nicht haben, S. brach beinahe völlig zusammen. Er lebte fortan meist in Venedig. Seine dichterischen Arbeiten sind: »Bilder des Orients« (Leipz. 1831–33, 4 Bde.) mit der Tragödie »Sultan Selim III.«; »Stimmen der Zeit in Liedern« (2. Aufl., das. 1834); »Das Dionysosfest«, eine lyrische Tragödie (Berl. 1836). Von seinen spätern Leistungen sind nur die »Bergesgrüße« (Münch. 1839) hervorzuheben. Vgl. die von H. Curtze herausgegebenen Schriften: »H. S., eine Selbstbiographie« (Gotha 1865), »Briefe von S. an seine Braut Charlotte« (Leipz. 1859, 2 Bde.) und »Erinnerungen an Charlotte« (Marb. 1865).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 29.
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