Stieglitz [2]

[824] Stieglitz, 1) Christian Ludwig, geb. 12. Decbr. 1756 in Leipzig, studirte daselbst die Rechtswissenschaften, beschäftigte sich aber vorzugsweise mit der Zeichen- u. Baukunst, kam 1792 in den Rath, wurde 1801 Stadtrichter, 1804 Baumeister u. 1823 Proconsul, trat 1830 in Ruhestand u. st. 17. Juli 1836 in Leipzig. Er schr.: Versuch über die Baukunst, Jena 1786; Über den Gebrauch der Grotesken u. Arabesken, Lpz. 1792; Encyklopädie der Baukunst der Alten, Lpz. 1792–98, 5 Bde.; Gemälde der Gärten im neuen Geschmack, 1795; Geschichte der Baukunst der Alten, ebd. 1792; Baukunst der Alten, ebd. 1796; Archäologie der Baukunst der Griechen u. Römer, Weim. 1601, 2 Thle.; Zeichnungen aus der schönen Baukunst, Lpz. 1801, 2 A. 1805; Versuch einer Einrichtung antiker Münzsammlungen zur Erläuterung der Geschichte der Kunst des Alterthums, 1809; Archäologische Unterhaltungen, 1820; Von altdeutscher Baukunst, ebd. 1820; Geschichte der Baukunst vom frühsten Alterthume bis in die neueren Zeiten, Nürnb. 1827, 2. A. 1836, 3 Abth.; Beiträge zur Geschichte der Ausbildung der Baukunst, Lpz. 1834, 2 Bde.; gab den Text zu Puttrichs Denkmalen der Baukunst in Sachsen, Lpz. 1836, heraus u. schrieb noch Kriegslieder, 1772; Die Wartburg (Gedicht in 8 Gesängen), 1801; Ritterromanzen, ein Taschenbuch auf 4802. 2) Johann, vorher Israel, geb. 1767 zu Arolsen im Waldeckschen, von israelitischen Eltern, studirte in Göttingen Medicin, prakticirte seit 1789 in Hannover, ließ sich 1800 taufen u. wurde 1802 Hofmedicus, 1806 erster Leibmedicus, 1820 Hofrath, 1832 Obermedicinalrath u. st 31. Oct. 1840. Er schr.: Über das Zusammensein der Ärzte am Krankenbette u. über ihre Verhältnisse unter sich überhaupt, Hannov. 1798; Versuch einer Verbesserung der jetzt gewöhnlichen Behandlungsart des Scharlachfiebers, ebd. 1806; Über den thierischen Magnetismus, ebd. 1814; mit L. W. Hufeland: Über den thierischen Magnetismus, Berl. 1816; Pathologische Untersuchungen, ebd. 1832; Über die Homöopathie, ebd. 1835; vgl. Holscher, Nekrolog Joh. S-s, Hann. 1844. 3) Nikolai v. S., Bruder des Vor., geb. 1772 in Arolsen, wurde Kaufmann, ging nach Rußland, erwarb sich dort Rang u. Vermögen, wurde Hofrath u. Director der Schuldentilgungscommission u. in den erblichen Adelstand erhoben. 4) Bernhard v. S., Bruder des Vor., geb. 1774 in Arolsen, ging ebenfalls als Kaufmann nach Rußland, gründete ein Handelshaus in Krementschuk im Gouvernement Pultawa, wurde vom Kaiser Nikolaus I. zum Hofrath ernannt u. in den Adelstand erhoben, zog sich dann vom Geschäft zurück u. lebte literarisch thätig. 5) Ludwig, Baron v. S., Bruder des Vor., geb. 1778 in Arolsen, kam unbemittelt als Kaufmann nach Petersburg, gewann aber bald durch Umsicht u. Thätigkeit ein großes Vermögen u. wirkte dadurch, daß er sich an die Spitze aller commerziellen Unternehmungen (so der Dampfschifffahrt zwischen Lübeck u. Petersburg) stellte u. Cancrins Credit- u. Finanzoperationen ausführen half, sehr für das Wohl Rußlands; er bildete das erste russische Bankierhaus, wurde 1825 in den erblichen Freiherrnstand erhoben u. st. 18. März 1843 in Petersburg; 6) Alexander v. S., Sohn des Vor., setzte das Bankiergeschäft bis 1859 fort u. zog sich dann, nachdem er alle Verbindlichkeiten der Firma erfüllt hatte, zurück. 7) Heinrich, geb. 1803 in Arolsen, Neffe von S. 5), studirte seit 1820 in Göttingen, Leipzig u. Berlin Philologie u. wurde an letzterem Orte 1828 Custos der königl. Bibliothek u. Gymnasiallehrer, gab aber, wegen Gemüthsleiden, beide Stellen auf u. machte 1833 eine Reise nach Rußland; nach dem Tode seiner Frau (s. S. 8) 1834 ging er nach München, von da ins Baierische Hochland, lebte eine Zeitlang in Venedig u. bereiste dann Italien; nach Venedig zurückgekehrt starb er daselbst, während der Belagerung, am 24. Aug. 1849 an der Cholera; seine Leiche wurde nach Berlin geschafft u. am 17. Oct. 1850 neben seiner Gattin auf dem Sophienkirchhof beigesetzt. Er schr.: Gedichte zum Besten der Griechen (im Verein mit Ernst Große), Lpz. 1823; Berliner Musenalmanach (mit Andern herausgegeben), Berl. 1829; Bilder des Orients (darin die Tragödie Sultan Selim III.), Lpz. 1831–33, 4 Bde.; Stimmen der Zeit in Liedern, ebd. 1832, 2. A. 1834; Erinnerungen aus meiner jüngsten Sommerreise, ebd.[824] 1834; Dionysosfest (lyrische Tragödie), Berl. 1836; Gruß an Berlin, Lpz. 1838; Bergesgrüsse aus dem salzburgischen, tyroler u. baierischen Gebirge, Münch. 1839; Ein Besuch auf Montenegro, Stuttg. 1842; Istrien u. Dalmatien, ebd. 1845; Erinnerungen aus Rom, Münch. 1848. 8) Charlotte, geb. Willhöft, geb. 1806 in Hamburg, wurde später in Leipzig im Hause einer Schwester erzogen, wo sie 1823 mit S. 7) bekannt wurde, sich dann mit demselben 1828 in Berlin verheirathete u. hier wegen ihrer Schriften u. ihrer schönen Stimme sehr gefeiert war, aber 29. Decbr. 1834 sich selbst den Tod gab, weil sie glaubte, daß nur durch einen tiefen Schmerz der an Wahnsinn grenzende Tiefsinn ihres Gatten geheilt werden könnte. Vgl. Mundt, Charlotte S., ein Denkmal (ihre Briefe, Tagebuchblätter etc.), Berl. 1835. 9) Christian Ludwig v. S., Sohn von S. 1), geb. 1803 in Leipzig, widmete sich erst dem Forstfach, studirte dann Jurisprudenz, ließ den früheren Adel der Familie für sich erneuern, lebte 1828–35 als Advocat u. Privatdocent in Leipzig, wurde dann Appellationsgerichtsrath in Dresden u. starb daselbst als solcher 31. Oct. 1854; er schr.: Geschichtliche Darstellung der Eigenthumsverhältnisse an Wald u. Jagd in Deutschland, Lpz. 1832; Das Recht der Stifte Meißen u. Wurzen auf Fortbestehen in ihrer gegenwärtigen Verfassung, ebd. 1834; Über den Ursprung des Hauses Sachsen, Dresd. 1847.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 824-825.
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