Symbolisten

[237] Symbolisten, in der modernen Kunst Maler, die dem Inhalt ihrer Bilder über das rein Gegenständliche hinaus geheimnisvolle, ohne besondere Erläuterungen nicht unmittelbar verständliche Beziehungen unterlegen. In Frankreich machte Anfang der 1890er Jahre die Gruppe Rose Croix von sich reden; doch sind die S. nirgends zu wirklicher Bedeutung gelangt. – S. (Décadents) nennt man auch eine namentlich in Frankreich hervorgetretene Dichterschule, die 1883 aufkam und eine Reaktion gegen den Zolaschen Naturalismus bildet. Ihre Kunst wendet sich an einen kleinen Kreis von Eingeweihten und bedient sich mit Vorliebe des symbolischen Wortgebrauchs. Besonders an Baudelaire (s. d.) und den Amerikaner Poe (s. d.) anknüpfend, suchen sie das Mystische, das traumhaft Unbestimmte in Worte zu fassen und so eine Art musikalischer Poesie zu schaffen, während die Poesie der Parnassiens wesentlich nach malerischen (Th. Gautier) oder plastischen Effekten (Leconte de Lisle) strebte. Die S. scheuen vor keiner Neuerung in Sprache und Vers zurück, gebrauchen bis dahin unerlaubte Konstruktionen, neue Versarten, wunderliche Reime, verzichten auf die Abwechselung männlicher und weiblicher Reime oder auf den Reim überhaupt. Ihre Sprache ist oft ohne Kommentar gar nicht verständlich (daher das Glossar von Plowert, 2. Ausg. 189 1). Sie wurden geschickt parodiert von G. Vicaire unter dem Pseudonym Flonpette in »Les déliquescences« (1885). Sie gruppieren sich um die Zeitschriften: »Revue indépendante«, »Revue wagnérienne«, »Le Symboliste«, »Le Mercure de France«. Ihr Hauptverleger ist Léon Vanier in Paris. Die talentvollsten unter ihnen sind: Mallarmé, Duplessis, der jung verstorbene Kreole Laforgue, Rimbaud, der Grieche Moréas, der Amerikaner Vielé-Griffin, Kahn, Marie Krysinska, vor allen Henri de Régnier. Von ältern Dichtern hatten sich Barbey d'Aurévilly und Villiers de l'Isle-Adam der Schule angeschlossen, besonders aber der Parnassien Verlaine, der in gesuchter Dunkelheit des Ausdrucks ein gewisses Maß nicht überschritt und in seinem Gedicht »Art poétique« die Grundsätze der Schule zusammengefaßt hat. Schon seit 1896, als Mallarmé und Verlaine starben, ging die Richtung zurück; die Dichter kamen vom Absonderlichen und Unverständlichen wieder ab. Vgl. Mallarmé, La poésie et la musique (Par. 1894); Retté, Le symbolisme. Anecdotes et souvenirs (das. 1903); R. de Souza, Le rythme poétique (Par. 1892); Bibesco, La question du vers français et la tentative des poètes décadents (3. Aufl., das. 1895); Charles Morice, La littérature de tout à l'heure (das. 1889); Baju, L'École décadente (das. 1887); G. Ferrero, Les lois psychologiques du symbolisme (a. d. Ital., mit Zusätzen, das. 1894); K. Sachs in der »Zeitschrift für französische Sprache und Literatur«, Bd. 15 (Berl. 1893). Charles Bonnier, La lignée des poètes français an XIX. siècle (Oxford 1902). Auch in der neuesten deutschen Literatur sind Ansätze zum Symbolismus hervorgetreten (H. Bahr, J. Schlaf, R. Dehmel).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 237.
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