1. Sippe: Edelfalken (Falco)

[526] Unter allen Raubvögeln gebührt meiner Ansicht nach den Edelfalken (Falco) die erste Stellung. Sie sind unter den Vögeln dasselbe, was die Katzen unter den Raubthieren: die vollendetsten aller Raubvögel überhaupt. »Ihre geistigen Eigenschaften«, so habe ich früher von ihnen gesagt, »gehen mit ihren leiblichen Begabungen Hand in Hand. Sie sind Räuber der schlimmsten Art; aber man verzeiht ihnen das Unheil, welches sie anrichten, weil ihr ganzes Leben und Wirken zur Bewunderung hinreißt. Stärke und Gewandtheit, Muth und Jagdlust, edler Anstand, ja, fast möchte man sagen, Adel der Gesinnung, sind Eigenschaften, welche niemals verkannt werden können.«

Die Edelfalken, von denen man einige funfzig Arten unterschieden hat, zeigen das Gepräge der Raubvögel am vollkommensten. Ihr Leib ist sehr gedrungen gebaut, der Kopf groß, der Hals kurz, der Schnabel verhältnismäßig kurz, aber kräftig, auf der Firste stark gerundet, und in einem scharf herabgebogenen Haken, welcher an den Schneiden durch einen mehr oder minder hervorspringenden Zahn noch einmal bewaffnet wird, ausgezogen, der Unterschnabel dagegen kurz, aber scharfschneidig, dem Zahne des oberen entsprechend ausgebuchtet. Die Fänge sind verhältnismäßig die größten und stärksten, welche Raubvögel besitzen. Der Schenkel ist stark, muskelig, der Lauf kurz, der eigentliche Fang aber sehr langzehig: bei den wahren Edelfalken kommt die Mittelzehe dem Laufe an Länge annähernd gleich. Das Gefieder ist dicht und hart; namentlich die Schwingen und Steuerfedern sind sehr stark. Im Fittige ist die zweite, ausnahmsweise die dritte Schwinge die längste, die erste der dritten oder bezüglich der vierten gleich. Der Schwanz pflegt seitlich verkürzt und deshalb abgerundet zu sein. Bezeichnend für die Edelfalken ist außerdem eine nackte, lebhaft gefärbte Stelle um das Auge, welche diesem wichtigsten Sinneswerkzeuge die größtmögliche Freiheit gewährt.

Ueber die Färbung des Gefieders läßt sich im allgemeinen nur sagen, daß ein lichtes Blaugrau oder Rothbraun auf dem Rücken und ein helles Weißgrau, Fahlgelb oder Weiß auf der Unterseite vorwaltend und ebenso ein schwarzer Wangenstreifen, welchen man treffend Bart genannt hat, vielen Falken eigenthümlich ist. Die Männchen unterscheiden sich bei den echten Edelfalken nur durch geringere Größe, bei den unechten auch durch andere Färbung von den Weibchen. Die Jungen tragen ein Kleid, welches von dem beider Eltern abweicht, und erhalten die Tracht der letzteren erst im zweiten oder dritten Jahre.

Alle Erdtheile und alle Gegenden beherbergen Edelfalken. Sie finden sich von der Küste des Meeres an bis zu den Spitzen der Hochgebirge hinauf, vorzugsweise in Waldungen, kaum minder häufig aber auf Felsen und alten Gebäuden, an menschenleeren Orten ebensowohl wie in volksbelebten Städten. Jede Art verbreitet sich über einen großen Theil der Erde und wird in anderen [526] durch sehr ähnliche ersetzt; außerdem wandert oder streicht jede Art weit umher. Viele Arten sind Zugvögel, andere wandern nur, und einzelne endlich zählen zu den Strichvögeln.

Sämmtliche Edelfalken sind äußerst bewegungsfähige Thiere. Ihr Flug ist sehr ausgezeichnet, weil ungemein schnell, anhaltend und im hohen Grade gewandt. Der Falk durchmißt weite Strecken mit unglaublicher Raschheit und stürzt sich beim Angriffe zuweilen aus bedeutenden Höhen mit solcher Schnelligkeit zum Boden herab, daß das Auge nicht fähig ist, seine Gestalt aufzufassen. Bei den wahren Edelfalken besteht der Flug aus schnell auf einander folgenden Flügelschlägen, welche nur selten durch kurze Zeit währendes gleitendes Schweben unterbrochen werden; bei anderen ist er langsam und mehr schwebend; auch erhalten sich diese durch längere zitternde Bewegung oder »Rütteln«, wie der Vogelkundige zu sagen pflegt, längere Zeit auf einer und derselben Stelle in der Luft, was jene nicht zu thun pflegen. Auf dem Fluge und während der Zeit der Liebe steigen die Edelfalken zu unermeßlichen Höhen empor und schweben dann lange in prächtigen Kreisen hin und her, führen zu eigener Belustigung und Erheiterung des Weibchens förmliche Flugreigen auf. Sonst halten sie gewöhnlich eine Höhe von sechzig bis hundertundzwanzig Meter über dem Boden ein. Im Sitzen nehmen sie, weil die Kürze ihrer Füße dies bedingt, eine sehr aufrechte Stellung an, im Gehen tragen sie den Leib wagerecht; sie sind aber höchst ungeschickt auf dem Boden und hüpfen mit abwechselnder Fußbewegung in sonderbar unbehülflicher Weise dahin, müssen auch gewöhnlich die Flügel mit zu Hülfe nehmen, um fortzukommen.

Wirbelthiere und zwar vorzugsweise Vögel bilden die Nahrung der echten Edelfalken, Kerbthiere die hauptsächlichste Speise der unechten. Jene fangen ihre Beute fast regelmäßig im Fluge, und viele sind nicht im Stande, einen auf dem Boden sitzenden Vogel wegzunehmen; diese folgen den Kerbthieren zwar ebenfalls fliegend durch die Luft, greifen aber auch laufendes Wild an. Kein einziger Edelfalk nährt sich in der Freiheit von Aas; jeder genießt vielmehr nur selbst erworbene Beute: in der Gefangenschaft freilich zwingt ihn der Hunger, auch todte Thiere anzugehen. Die gefangene Beute wird selten an dem Orte verzehrt, welcher sie lieferte, sondern gewöhnlich einem anderen passenden, welcher freie Umschau gewährt, zugetragen, hier erst gerupft, auch theilweise enthäutet und dann aufgefressen.

Die Morgen- und die Abendstunden bilden die Jagdzeit der Edelfalken. Während des Mittags sitzen sie gewöhnlich mit gefülltem Kropfe an einer erhabenen und ruhigen Stelle regungslos und still, mit gesträubtem Gefieder, einem Halbschlummer hingegeben, um zu verdauen. Sie schlafen ziemlich lange, gehen aber erst spät zur Ruhe; einzelne sieht man noch in der Dämmerung jagen.

Geselligkeit ist den Edelfalken zwar nicht fremd, aber doch durchaus kein Bedürfnis. Während des Sommers leben die meisten von ihnen paarweise in dem einmal erwählten Gebiete und dulden hier kein anderes Paar der gleichen Art, nicht einmal einen anderen Raubvogel. Während ihrer Reise scharen sie sich mit anderen derselben Art und mit Verwandten zusammen, und einzelne Arten bilden dann ziemlich bedeutende Schwärme, welche, wie es scheint, wochen- und monatelang zusammenhalten. Gegen Adler und Eulen zeigen aber auch diese Scharen denselben Haß, welchen die einzelnen in ihrer Heimat an den Tag legten. Keiner dieser stärkeren Raubgesellen bleibt unangefochten.

Der Horst der Edelfalken wird verschieden angelegt, am liebsten in passenden Höhlungen steiler Felswände, auf hohen Gebäuden und auf dem Wipfel der höchsten Waldbäume; doch horsten einzelne Arten da, wo es an Bäumen und Felsen mangelt, auch auf der bloßen Erde oder erwählen sich eine geräumige Baumhöhlung zu demselben Zwecke. Sehr gern nehmen sie auch die Nester anderer großen Vögel, namentlich der verschiedenen Raben, in Besitz. Besondere Mühe geben sie sich mit dem Nestbaue nicht. Der selbst zusammengetragene Horst ist regelmäßig flach und an der Stelle der Nestmulde nur ein wenig mit feineren Würzelchen ausgekleidet. Das Gelege besteht aus drei bis sieben Eiern von sehr übereinstimmendem Gepräge. Sie sind rundlich, mehr oder minder rauhschalig [527] und in der Regel auf blaß röthlichbraunem Grunde dicht mit dunkleren seinen Punkten und größeren Flecken derselben Farbe gezeichnet. Das Weibchen brütet allein und wird, so lange es auf den Eiern sitzt, vom Männchen ernährt, welches auch für die Unterhaltung der beschäftigten Gattin Sorge trägt, indem es angesichts derselben seine Flugkünste übt. Die Jungen werden von beiden Eltern aufgefüttert, mit großer Liebe behandelt und gegen Feinde, bis zu gewissen Grade auch gegen den Menschen, muthvoll vertheidigt und nach dem Ausfliegen sorgfältig unterrichtet.

Leider gehören die stärkeren Edelfalken zu den schädlichen Vögeln und können bei uns zu Lande deshalb nicht geduldet werden; nicht einmal alle kleineren Arten sind nützliche Thiere, welche Schonung verdienen. Außer den Menschen haben sie wenig Feinde, die schwächeren Arten, wenn sie erwachsen sind, solche wohl nur in den größeren Verwandten. Den Eiern und den Jungen mögen kletternde Raubsäugethiere zuweilen verderblich werden; doch ist dies nur eine Vermuthung, nicht durch Erfahrung bestätigte Thatsache.

Dagegen sind die Edelfalken seit altersgrauer Zeit von den Menschen benutzt worden und werden es in mehreren Ländern Asiens und Afrikas noch heutigen Tages. Sie sind die »Falken« unserer Dichter, diejenigen, welche zur Baize abgerichtet worden. Lenz hat alles hierauf bezügliche so übersichtlich und gedrungen zusammengestellt, daß ich nichts besseres zu thun weiß, als ihn anstatt meiner diesen Gegenstand besprechen zu lassen: »Die Kunst, Falken zur Baize abzurichten, ist uralt. Schon ums Jahr 400 vor Christus fand sie Ktesias bei den Indern; ums Jahr 75 nach Christus jagten die Thrakier mit Falken; ums Jahr 330 nach Christus nennt Julius Firmicus Maternus aus Sicilien nutritores accipitrum, falconum ceterarumque avium, quae ad aucupia pertinent. Ums Jahr 480 nach Christus muß die Falkenbaize von den Römern noch wenig betrieben worden sein, denn Sidonius Apollinaris rühmt in jener Zeit des römischen Kaisers Avitus Sohn, Hecdicius, daß er der erste gewesen, welcher in seiner Gegend die Falkenbaize eingeführt. Bald darauf verbreitete sich aber die Liebhaberei dafür schon so weit, daß Jagdfalken und Jagdhunde im Jahre 506 auf der Kirchenversammlung zu Agda den Geistlichen verboten wurden. Dieses Verbot half nichts und wurde ebenso vergeblich im Jahre 517 zu Epaon und 585 zu Mâcon wiederholt. Im achten Jahrhunderte schrieb König Ethelbert an Bonifacius, Erzbischof zu Mainz, um ein paar Falken, mit denen Kraniche gebaizt werden sollten. Ums Jahr 800 gab Karl der Große über die zur Jagd abgerichteten Habichte, Falken und Sperber folgendes Gesetz, welches später ins Deutsche übersetzt also lautet: ›Wer einen Habich stilet oder vahet, der den Kranich vahet, der soll im einen als gütten geben als yenen was und sechs Schilling und drei Schilling um einen Valken der die Vogel fahet in den lüfften. Wer einen Sperber oder ander Vogel die auf der Hand treyt, wer die stilt oder schlecht, der geb einen als gütten als yener was und einen schilling.‹ Kaiser Friedrich Barbarossa richtete selbst Falken, Pferde und Hunde ab. Darauf hielt sich, wie Bandollus erzählt, Raynald, Markgraf zu Este, Sohn des Barthold, mit großen Kosten gegen hundertundfunfzig Jagdfalken. Kaiser Heinrich der Sechste, Sohn Friedrich Barbarossas, war, wie Collenuccio schreibt, ebenfalls ein großer Liebhaber der Falknerkunst. Kaiser Friedrich der Zweite war selbst der geschickteste und leidenschaftlichste Falkner seiner Zeit, und schrieb ein Buch, ›De arte venandi cum avibus‹, welches aber erst im Jahre 1596, und zwar zu Augsburg, gedruckt ward. Die Handschrift war mit Anmerkungen von Friedrichs Sohn, Manfred, König von Sicilien, versehen. Philipp August, König von Frankreich, dem bei der Belagerung von Akkon ein wunderschöner Falk wegflog, bot den Türken für dessen Rückgabe vergeblich tausend Goldstücke. Ums Jahr 1270 schrieb Demetrius, wahrscheinlich Arzt des griechischen Kaisers Michael Paläologus, in griechischer Sprache ein Buch über die Falknerei; es wurde im Jahre 1612 zu Paris gedruckt. Ueber die Begeisterung, mit welcher auch die Damen jener Zeit die Falknerei trieben, gibt ›De la Curne de Sainte-Palaye‹ (Paris 1759) Auskunft. In Preußen errichtete der Hochmeister Konrad von Jungingen im Jahre 1396 eine eigene Falkenschule. Eduard der Dritte von England setzte den Tod auf den Diebstahl eines [528] Habichts und ließ jeden, der ein Habichtsnest ausnahm, auf ein Jahr und einen Tag ins Gefängnis setzen. Als Bajesid in der Schlacht bei Nikopolis im Jahre 1396 den Herzog von Nevers und viele französische Edelleute gefangen genommen, schlug er jedes für dieselben gebotene Lösegeld aus. Als ihm aber statt des Geldes zwölf weiße Falken, welche der Herzog von Burgund schickte, geboten wurden, gab er dafür sogleich den Herzog und alle gefangenen Franzosen frei. Franz der Erste von Frankreich hatte einen Oberfalkenmeister, unter welchem funfzehn Edelleute und funfzig Falkner standen. Die Zahl seiner Falken betrug dreihundert. Kaiser Karl der Fünfte übergab die Insel Malta den Johannitern unter der Bedingung zu Lehen, daß sie jährlich einen weißen Falken liefern sollten. Nachdem den Geistlichen die Falknerei endlich erfolgreich verboten war, behaupteten doch die Barone das Recht, ihre Falken während des Gottesdienstes auf den Altar zu setzen.«

»Landgraf Ludwig der Vierte von Hessen«, so berichtet Landau nach alten Urkunden, »verbot am fünften Mai 1577 das Ausnehmen der Falkennester und das Wegfangen der Falken bei strenger Strafe. Man kennt auch noch einen Brief vom achtzehnten November 1629, an Landgraf Wilhelm den Fünften von Hessen gerichtet, worin beschrieben ist, wie man zur Einübung der Falken Reihern auf jeder Schnabelspitze ein Hollunderröhrchen befestigt hat, damit sie die Falken nicht durch Schnabelstöße beschädigen konnten, wie man ihnen ferner den Hals mit einem Leinwandfutterale verwahrt, damit sie nicht könnten erwürgt werden, und wie man sie endlich mit Gewichten an den Beinen habe fliegen lassen, damit sie sicher von den Falken erhascht werden möchten. Unter Landgraf Philipp von Hessen ward allen Taubenbesitzern geboten, je die zehnte Taube dem fürstlichen Falkner abzuliefern. Um immer Reiher zur Abrichtung der Falken zu haben, hatte man Reiherhäuser, wo sie jung aufgezogen wurden.

Jahrhunderte bestand die beste und zuletzt einzige Falknerschule Europas in dem Dorfe Falkenwerth in Flandern. Die an Ort und Stelle gefangenen Falken reichten früherhin für den Bedarf durchaus nicht hin; daher gingen die Leute bis Norwegen und Island auf den Fang, und namentlich lieferte die genannte Insel die besten Baizvögel. Auch in Pommern haben, wie Schmidt aus KantzowsPommerania‹ nachweist, die holländischen Falkner früherhin im Herbste am Seestrande den vom Norden über das Meer müde und hungrig anlangenden Falken fleißig nachgestellt und deren in manchen Jahren über hundert gefangen. Gingen die Leute nach Holland zurück, so setzten sie ihre Vögel auf Stangen, wovon auf jede Schulter eine zu liegen kam. Um wohlfeil mit der Fütterung durchzukommen, erbettelten sie unterwegs in den Dörfern Hunde. Ueber den Zustand der Falknerei in Falkenwerth theilt der holländische General von Ardesch um das Jahr 1860 folgendes mit:

In Falkenwerth leben noch jetzt mehrere Leute, welche den Fang und die Abrichtung der Falken eifrig betreiben. Der Ort liegt auf einer ganz freien Heide und begünstigt daher das Geschäft sehr. Im Herbste werden die Falken gefangen. Man behält in der Regel nur die Weibchen, und zwar am liebsten die vom selbigen Jahre, weil diese am besten sind; die zweijährigen galten auch noch als brauchbar; ältere läßt man aber wieder fliegen. Der Fang ist so eingerichtet: Der Falkner sitzt gut verborgen auf freiem Felde, und von ihm aus geht ein etwa hundert Meter langer Faden, an dessen Ende eine lebende Taube befestigt ist, welche übrigens frei auf der Erde sitzt. Etwa vierzig Meter vom Falkner geht der genannte Faden durch einen Ring, und neben diesem Ringe liegt ein Schlagnetzchen, von welchem ebenfalls ein Faden bis zum Falkner geht. Ist ein Falk im Anzuge, so wird der Taube mit dem Faden ein Ruck gegeben, wodurch sie emporfliegt, den Falken anlockt und von ihm in der Luft ergriffen wird. In dem Augenblicke, wo dies geschieht, zieht der Falkner die Taube und mit ihr den sie krampfhaft festhaltenden Falken allmählich bis zu dem Ringe, wo plötzlich das Schlagnetz beide bedeckt. Es kommt viel darauf an, es sogleich zu erfahren, wenn ein Falk die Gegend durchstreift, und deswegen bedient sich der Jäger eines eifrigen und scharfsichtigen Wächters, nämlich des Raubwürgers (Lanius excubitor), welcher [529] unweit der Taube angefesselt wird und nicht verfehlt, sobald er einen Falken in unermeßlicher Ferne gewahrt, sein weitschallendes Geschrei zu erheben. Neben ihm ist eine Grube, in welche er sich verkriecht, wenn es noth thut. Der frisch gefangene Falk muß regelmäßig drei Tage hungern und wird während der Zeit und späterhin so viel wie möglich verkappt auf der Hand getragen. Schlaflosigkeit wird nicht angewendet. Bis zum Frühjahre muß der Falk gut abgerichtet sein, und alsdann reisen die Falkenwerther Falkner nach England zum Herzog von Bedford, dem sie sich und ihre Falken auf eine bestimmte Zeit vermieten. Bei den Jagden brechen sie nicht selten, weil über Stock und Stein nachgesprengt und dabei nach oben geguckt werden muß, Hals und Bein. Ein gewöhnlicher Falk dient kaum drei Jahre.

Im achtzehnten Jahrhunderte ist die Falkenbaize allmählich aus der Mode gekommen. Als Knabe kannte ich in Weimar einen Falkner, welcher sein Geschäft noch mit großem Eifer betrieb, und ein ähnlicher lebte damals noch in Meiningen. Jetzt ist sie in Europa meines Wissens noch an folgenden Orten in Gebrauch: erstens zu Bedford in England, beim Herzoge von Bedford; zweitens zu Didlington-Hall in der Grafschaft Norfolk, beim Lord Barnars. Jeden Herbst kommen nach Bedford und Didlington-Hall Falkner aus Falkenwerth, welche ihre Falken mitbringen und im Winter wieder zurückreisen. Zu Didlington ist ein eigener Reihergarten, woselbst die Reiher in zahlloser Menge nisten und gehegt werden. Drittens: im Loo, einem Landgute des Königs von Holland, ist ums Jahr 1841 fleißig mit Falken gejagt worden.

Die zur Falkenjagd gehörigen Geräthschaften sind: eine lederne Haube, welche so eingerichtet ist, daß sie die Seher nicht drückt, eine Kurzfessel und eine Langfessel, beide aus Riemen, die letztere gegen zwei Meter lang; sie werden an dem Geschühe, das heißt der ledernen Fußumkleidung, des Baizvogels befestigt. Das Federspiel ist ein mit ein Paar Vögelflügeln besetzter eirunder Körper, welcher dazu dient, den Falken, der ihn von weitem für einen Vogel hält, wieder anzulocken. Starke Handschuhe müssen die Hände des Falkners vor den Krallen des Falken sichern. Sobald die Abrichtung beginnen soll, wird der Vogel verkappt angefesselt, und muß vierundzwanzig Stunden hungern, worauf er auf die Faust genommen, abgekappt, und mit einem Vogel gespeist wird. Will er nicht kröpfen, so wird er wieder verkappt und erst nach vierundzwanzig Stunden wieder vorgenommen, und sollte er auch fünf Tage lang auf der Faust nicht freiwillig kröpfen wollen, so wird er unbarmherzig jedesmal wieder verkappt und hungrig angefesselt. Je öfter er übrigens während dieser Zeit abgekappt und auf der Faust getragen wird, desto eher wird er zahm werden und freiwillig auf der Faust kröpfen. Ist er so weit, so beginnen nun die eigentlichen Lehrübungen, vor deren jeder er erst lange abgekappt auf der Faust getragen und nach jeder verkappt angefesselt wird, damit er das vorgetragene in Ruhe einstudiren kann. Die ersten bestehen darin, daß der Vogel abgekappt auf eine Stuhllehne gesetzt wird und von da, um zu kröpfen, auf die Faust des Falkners erst hüpfen, später immer weiter fliegen muß; dasselbe wird dann im Freien wiederholt, wobei er aber durch einen langen, an der Langfessel angebrachten Faden am Entwischen gehindert wird; der Falkner steht übrigens so, daß der Vogel gegen den Wind fliegen muß, da er, wie alle Vögel, nicht gern mit dem Winde zieht. Macht er nun seine Sachen so weit gut, so wird er des Abends verkappt in einen schwebenden Reif gesetzt und die ganze Nacht hindurch geschaukelt, so daß er gar nicht schlafen kann; am folgenden Morgen werden die früheren Uebungen wiederholt: er bekommt auf der Faust zu kröpfen, wird dann bis zum Abend getragen und dann wieder die ganze Nacht im Reife geschaukelt; ebenso wird am dritten Tage und in der dritten Nacht verfahren; am vierten Tage wird wieder alles wiederholt und ihm nun erst nächtliche Ruhe gegönnt. Am folgenden Tage wird er ohne Bindfaden, nur mit Beibehaltung der Langfessel, frei auf den Boden gesetzt, und muß, um zu kröpfen, auf die Faust fliegen; fliegt er an dieser vorbei, so geht man ihm nach und lockt ihn so lange, bis er doch endlich kommt. Diese Uebung wird nun oft im Freien wiederholt, auch der Vogel gewöhnt, dem zu Pferde sitzenden Jäger auf die Faust zu fliegen, und weder Menschen noch Hunde zu scheuen. Jetzt kommen die eigentlichen Vorübungen zur Baize [530] selbst. Man wirft eine todte Taube in die Luft, läßt den am langen Bindfaden gehaltenen Vogel nachschießen, und das erstemal ein wenig davon kröpfen; späterhin aber wird ihm die Taube immer gleich abgenommen und er bekommt auf der Faust etwas zu kröpfen. Dieselbe Uebung wird an den folgenden Tagen mit lebenden Vögeln, deren Schwingen verstutzt sind, wiederholt; darauf sucht man mit dem Hühnerhunde Rebhühner, womöglich ein einzelnes, auf, kappt den Vogel, sobald es auffliegt, schnell ab und läßt ihn nachschießen. Sollte er fehlstoßen, so lockt man ihn mit einer lebenden Taube, deren Schwingen verstutzt sind, oder mit dem Federspiele zurück. Um ihn zu gewöhnen, auch stärkere Vögel, wie z.B. Reiher und Kraniche, anzugreifen, übt man ihn erst an jungen Vögeln der Art oder an alten, deren Schwingen verstutzt sind und deren Schnabel in einem Futterale steckt; auch läßt man ihn anfangs, wo möglich, in Gesellschaft eines guten alten Falken daran. Den zu dieser Uebung bestimmten Reihern und Kranichen legt man, damit sie nicht so leicht erwürgt werden, ein Futteral von weichem Leder um den Hals. Dem Reiher suchen die Falken, rasch emporsteigend, die Höhe abzugewinnen, um von oben auf ihn zu stoßen; der Reiher hingegen sucht seinerseits auch immer höher zu steigen, und streckt mit erstaunlicher Schnelligkeit den stoßenden Feinden die scharfe Spitze sei nes Schnabels entgegen, um sie zu spießen. Endlich wird er gepackt und stürzt mit ihnen aus der Höhe herab. Die herbeieilenden Jäger lösen schnell die Falken, reichen ihnen zur Belohnung guten Fraß, und berauben den Reiher seiner schönsten Federn. Es wird ihm dann ein metallener Ring um den Fuß gelegt, auf welchem die Jahreszahl und der Ort des Fanges eingegraben ist, und darauf die Freiheit geschenkt. Einzelne Reiher sind öfters, manchmal nach langen Jahren wieder, gebaizt und so mit mehreren Ringen geziert worden. Soll ein Falk gut auf Hasen stoßen, wozu man sich hauptsächlich des Habichtes bedient, so stopft man einen Hasenbalg gut aus, läßt den Falken mehrmals darauf seine Mahlzeit verzehren, bindet dann Fleisch daran und läßt den ausgestopften, auf Rädern stehenden Hasen von einem Manne erst langsam, dann schnell auf einem Boden hinziehen, spannt auch endlich gar ein flinkes Pferd davor, jagt mit dem Hasen fort und läßt den Falken hinterdrein. Zur Falkenjagd gehört eine ebene, waldlose Gegend.«

Am großartigsten ist von jeher die Falkenjagd in Mittelasien getrieben worden. »Im März«, sagt Marco Polo ums Jahr 1290, »pflegt Kublaï Chan Kambalu zu verlassen; er nimmt dann eine Zahl von etwa zehntausend Falknern und Vogelstellern mit sich. Diese werden in Abtheilungen von zwei- bis dreihundert Mann im Lande vertheilt, und was von ihnen erlegt wird, muß dem Chan abgeliefert werden. Für seine Person hat der Chan noch besonders zehntausend Mann, deren jeder eine Pfeife trägt. Sie bilden, wenn er jagt, einen weiten Kreis um ihn her, indem sie entfernt von einander aufgestellt sind, achten auf die Falken, welche der Chan fliegen läßt, fangen dieselben wieder ein und bringen sie zurück. Jeder Falke, welcher dem Chan oder einem Großen des Reiches gehört, hat an seinem Beine ein silbernes Täfelchen, auf welchem der Name des Eigenthümers und des Falkners eingegraben ist. Es ist auch ein eigener Beamter da, bei welchem diejenigen Vögel abgeliefert werden, deren Eigenthümer nicht sogleich ermittelt werden kann. Der Chan reitet während der Jagd auf einem Elefanten und hat stets zwölf der besten Falken bei sich. Zu seiner Seite reiten eine Menge Leute, welche sich immer nach Vögeln umsehen und dem Chan gleich Anzeige machen, wenn sich ein jagdbarer zeigt. Im ganzen Umfange des Reiches wird das Haar- und Federwild jahraus jahrein sorgfältig gehegt, damit immer Ueberfluß für die Jagden des Chans vorhanden ist.« Ritter Tavernier, welcher sich viele Jahre in Persien aufgehalten, erzählt (im Jahre 1681) wie folgt: »Der König von Persien hält sich über achthundert Falken, wovon die einen auf wilde Schweine, wilde Esel, Antilopen, Füchse, die anderen auf Kraniche, Reiher, Gänse, Feldhühner ab getragen sind. Bei der Abrichtung auf vierfüßige Thiere nimmt man ein ausgestopftes, legt Fleisch in die Augenhöhlen und läßt den Vogel auf seinem Kopfe fressen. Ist er dies gewohnt, so setzt man das auf vier Rädern stehende Thier in Bewegung und läßt dabei den Vogel auf dem Kopfe fressen. Endlich spannt man ein Pferd vor [531] und jagt, so schnell man kann, während der Falk frißt. Auf ähnliche Weise richten sie sogar Kolkraben ab.« Ritter Chardin, welcher einige Zeit nach Tavernier sich ebenfalls lange in Persien aufgehalten, fügt hinzu, »daß man dem Falken, wenn er starke vierfüßige Thiere angreift und sich auf ihren Kopf setzt, mit Hunden zu Hülfe eilt, und daß man sogar im Anfange des siebenten Jahrhunderts häufig Falken abgerichtet hat, Menschen anzufallen und ihnen die Augen auszuhacken«. Daß man auch in neuerer Zeit die Falkenjagd in Persien noch nicht aufgegeben hat, erfährt man aus John Malkolms 1827 erschienenen Skizzen von Persien. »Man jagt«, so erzählt er, »zu Pferde, mit Falken und Windhunden. Ist eine Antilope aufgetrieben, so flieht sie mit der Schnelle des Windes. Man läßt Hunde und Falken los. Die letzteren fliegen nahe am Boden hin, erreichen das Wild bald, stoßen gegen dessen Kopf, halten es auf, die Hunde kommen indessen herbei und packen es. Auf alte männliche Antilopen läßt man die Falken nicht los, weil sich die schönen Vögel leicht an den Hörnern derselben spießen.« Malkolm wohnte auch der Jagd auf Hubaratrappen bei und erzählt, daß sich dieser Vogel zuweilen so kräftig mit Schnabel und Flügeln zur Wehre setzt, daß er die Falken in die Flucht schlägt. In neuerer Zeit hat in Asien von Hügel zwischen Lahore und Kaschmir den Raja von Bajauri mit Falken Rebhühner jagen sehen. Murawiew fand im Jahre 1820 in Chiwa überall abgerichtete Falken; sie wurden auch auf wilde Ziegen losgelassen. Erman fand 1828 bei den Baschkiren und Kirgisen zur Hasenjagd abgerichtete Falken und auf Füchse und Wölfe abgerichtete Adler. Auch Eversmann traf im Jahre 1852 bei den Baschkiren abgerichtete Steinadler, Königsadler, Habichte, Sperber. Atkinson hat den Kirgisensultan Beck gezeichnet, wie er seinen Lieblingsjagdadler füttert.

Ich will vorstehenden Angaben hinzufügen, daß man in England noch heutigen Tages bestrebt ist, die edle Falknerei zu pflegen. Kronprinz Rudolf von Oesterreich sah in Alexandra-Hall, bei London, im Besitz einer Jagdgesellschaft abgetragene Jagdfalken, Wanderfalken und Habichte, mit denen in Irland, Holland, der Normandie und Bretagne die Baize betrieben wird, nahm die Falken selbst auf die Faust und warf einen Wanderfalken auf eine Taube, welche trotz der Nähe der Riesenstadt dem Falken bald zur Beute fiel.

Regelmäßig wird die Falkenjagd noch von den Arabern, insbesondere den Beduinen der Sahara, welche unter den Arabern überhaupt unseren Adel vertreten, von den Persern, Indiern, verschiedenen Völkerschaften in Kaukasien und Mittelasien, den Chinesen und anderen Mongolen betrieben. Erstere benutzen mit entschiedener Vorliebe den Würgfalken Südosteuropas, ihren »Sukhr el Hhor«, welcher sich als Wintergast im Norden Afrikas einstellt oder aus Syrien, Kleinasien, der Krim und Persien eingeführt wird, und bezahlen gut abgerichtete Vögel mit ganz außerordentlichen Preisen. Zufälligerweise habe ich nicht Gelegenheit gehabt, die Falknerei der Araber aus eigener Anschauung kennen zu lernen; wir danken jedoch Heuglin einen ebenso sachgemäßen wie eingehenden Bericht über Abrichtung und Verwendung des abgetragenen Falken. »Die arabischen Falkner«, sagt der leider viel zu früh für die Wissenschaft von hinnen geschiedene, treffliche Forscher, »fangen den Sukhr in Tellereisen, deren Bogen mit Zeugstreifen umwickelt sind, damit die Fänge nicht verletzt werden. Die Fallen werden auf der Stelle angebracht, wo der Vogel über Nacht zu bäumen pflegt und sind mit einem Gelenke versehen, welches beim Springen der Feder umschlägt, so daß der gefangene Falk in der Luft hängt und sich nicht weiter beschädigen kann, bis der lauernde Jäger ihn abgenommen hat. Das Abtragen des Sukhr zur Gazellenjagd erfordert viel Sorgfalt, Geduld und Geschick von Seiten des Falkners. Letzterer fesselt seinen Pflegling sogleich und setzt ihm eine Lederkappe auf, welche eine Oeffnung für den Schnabel hat und im Nacken mittels eines feinen Lederstreifens zusammengezogen werden kann. Der Vogel kommt in eine dunkle Kammer und wird auf Holzstangen oder ein Gefäß gesetzt, welches mit trockenem Sande gefüllt ist. Durch die ersten Tage muß er hungern. Die Fütterung geschieht nur auf dem Falkenhandschuhe. Dabei wird dem gefangenen die Mütze immer abgenommen, und er gewöhnt sich sehr bald an den Handschuh und selbst an Bewegungen des Armes. Die Nahrung, welche ihm ziemlich spärlich [532] gereicht wird, besteht vorzüglich aus Herz und Leber. Der Falkner sucht nun seinen Schüler zuerst in der Kammer und später im Freien, zuerst natürlich gefesselt, nach und nach auf größere Entfernungen nach Abnehmen der Kappe auf den Handschuh zu locken, setzt ihm die Kappe aber unmittelbar nach der Fütterung gleich wieder auf. Endlich bedient man sich der Langfessel und einer ausgebalgten Gazelle, deren Augenhöhlen mit Atzung gefüllt sind.« Der nunmehr folgende Theil der Abrichtung ist oben, bei Schilderung der Gazelle (Band III, Seite 208 ff.), bereits beschrieben worden und bedarf daher nicht nochmaliger Auseinandersetzung.

Das Verfahren der indischen Falkner und die Jagd selbst schildert Jerdon in sehr lebendiger Weise: »In verschiedenen Gegenden des Landes wird der während des Winters regelmäßig sich einfindende Wanderfalk abgerichtet. Man fängt ihn an der Küste und verkauft ihn für zwei bis zehn Rupien an die eigentlichen Falkner, welche ihn dann auf Reiher, Störche, Kraniche, Klaffschnäbel, Ibisse, Nimmersatts und auch wohl auf Trappen abrichten. Hierbei muß ich bemerken, daß die Meinung, der Reiher versuche bei solcher Jagd den Falken mit seinem Schnabel zu durchbohren, von den eingeborenen Falknern, von denen viele weit mehr Erfahrungen gesammelt haben als irgend welcher Europäer, vollständig bestätigt wird. Selbst wenn der Falk die Beute schon zu Boden geworfen hat, ist er zuweilen noch in Gefahr, von dem mächtigen Schnabel des Reihers verletzt zu werden, falls er den Nacken seiner Beute nicht mit einem Fange gepackt hat, was ein alter Vogel freilich immer zu thun pflegt. Wenn der ›Kulun‹ oder Jungfernkranich gejagt wird, hütet sich der Wanderfalk gar wohl vor dem scharfen, gekrümmten inneren Nagel des Kranichs, welcher böse Wunden hervorrufen kann. Fast noch höher als der Wanderfalk wird von den Indiern der ›Schahin‹ oder Königsfalk (Falco peregrinator) geschätzt; ihn hält man für den vorzüglichsten von allen. Er wird alljährlich massenhaft gefangen und zwar auf dünnen Rohrstäben, welche man mit Vogelleim bestrichen und durch einen kleinen Vogel geködert hat. Dieser Falk wird besonders für die Jagd abgerichtet, welche in der Falknersprache ›auf stehendes Wild‹ genannt wird, das heißt er wird nicht von der Hand nach der Beute geworfen, sondern schwebt hoch in der Luft und beschreibt über dem Falkner so lange seine Kreise, bis das zu jagende Wild aufgescheucht ist. Dann stürzt er mit erstaunlicher Eile hernieder und auf das erschreckte Thier los. Es ist in der That ein wundervolles Schauspiel, den Vogel zu beobachten, wenn er auf ein Rebhuhn oder einen Trappen stößt, welche schon in ziemliche Entfernung entflohen sind. Sobald der Falk die Beute wahrnimmt, welche aufgescheucht worden ist, stößt er zwei- oder dreimal nach unten und schießt dann mit halbgeschlossenen Flügeln schief herab, gerade auf das erschreckte Wild los, und zwar mit größerer Schnelligkeit als ein vom Bogen abgeschnellter Pfeil. Diese Art zu jagen ist wirklich eine sehr sichere, aber, obgleich bedeutend erfreulicher als die Jagd mit kurzflügeligen Falken, doch nicht zu vergleichen mit der Jagd des Wanderfalken, welchen man von der Hand nach dem Reiher oder dem Nimmersatt wirft.«

Nach diesen einleitenden Bemerkungen mögen die bekanntesten und wichtigsten Arten der Familie an uns vorüberziehen.

Die edelsten Glieder der Unterfamilie sind die Jagdfalken, Vertreter einer besonderen Untersippe (Hierofalco) und Bewohner des hohen Nordens der Erde. Sie kennzeichnen ihre sehr bedeutende Größe, der verhältnismäßig starke, in scharfem Bogen gekrümmte Schnabel, die bis zu zwei Drittel der Länge befiederten Fußwurzeln und der im Vergleiche zu den Flügeln lange Schwanz. In allem übrigen sind sie anderen Edelfalken durchaus ähnlich; nicht einmal das wiederholt hervorgehobene Merkmal, daß ihr Gefieder im Alter weiß wird, ist stichhaltig.

Noch sind die Forscher, trotz der allersorgfältigsten Untersuchung, darüber nicht einig, ob wir zwei, drei oder selbst vier verschiedene Jagdfalkenarten annehmen müssen, und deshalb herrscht in allen Lehrbüchern hinsichtlich unserer Vögel arge Verwirrung. Ich meinestheils glaube, daß man [533] zwei Arten anerkennen darf, was freilich keineswegs ausschließt, daß sie sich schließlich als Abarten eines und desselben Vogels herausstellen können. Beide aber vermögen wir wenigstens in allen Kleidern mit einiger Bestimmtheit, im Alterskleide mit vollster Sicherheit zu unterscheiden, und beide scheinen auch in den Verhältnissen einigermaßen, obschon wenig, abzuweichen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Vierter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Erster Band: Papageien, Leichtschnäbler, Schwirrvögel, Spechte und Raubvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 526-534.
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Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

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