Auferstehung der Todten

[927] Auferstehung der Todten (Resurrectiomortuorum), die Wiedererweckung des im Tod entschlafenen Menschen u. die Wiedervereinigung der Seele mit dem Körper. Diese Ansicht begegnet zuerst in der Zoroastrischen Lehre, wo nach dem Erscheinen des Erlösers Sosiosch alle Gestorbene durch Ormuzd wieder belebt werden, um vor das Weltgericht zu kommen (s. u. Parsismus). Von den Parsen erhielten diese Lehre die Juden in der Gefangenschaft, denn daß die ältesten Juden sie schon gehabt haben, ist aus Schriftstellen wie Jes. 26,19. Pf. 16,10. 17,15. 73,24. Hiob 19,25–27 nicht zu beweisen; später bewahrten diesen Glauben unter den Juden bes. ein Theil der Palästinensischen, vorzüglich die Pharisäer; die Sadducäer läugneten alle A. d. T., u. die Alexandrinischen Juden, mehr dem platonischen Idealismus zugewendet, nahmen eine Fortdauer der Seele ohne Auferstehung des Körpers an. Die christliche Ansicht von der A. d. T. ist am deutlichsten von Paulus (1. Kor. 15) dargestellt; nach ihm werden die, nach dem Tode mit Bewußtsein fortlebenden Seelen aller Menschen (also eine allgemeine A. d. T., nicht eine partielle, wie einige Juden glaubten), zur Zeit des Weltgerichts mit neuen, dem Wesen nach gleichen, aber verklärten Leibern, zu welchen die Keime schon in den irdischen Leibern sind, bekleidet werden. Diese Ansicht ist in der Kirche nach Umfang u. Inhalt immer streitig gewesen; zwar ward sie in der ältesten Kirche gegen die Gnostiker, welche dieselbe am meisten angriffen, immer vertheidigt u. bes. durch die Auferstehung Jesu (s. u. Christus) bewiesen, aber schon die Alexandrinischen Kirchenväter bestritten die Ansicht von der Auferstehung des Fleisches (Resurrectiocarnis), d.i. des Leibes in derselben Form u. Gestalt, von derselben Materie, wie der jetzige ist, u. glaubten nur eine Auferstehung des Leibes (R. corporis), d.i. an ein Wiederaufleben der Individualität, diese aber geschehe nicht erst mit dem großen Weltgerichte, sondern sogleich nach dem Tode. Und dieser alexandrinischen Ansicht von der A. d. T. hat sich die christliche Kirchenlehre, durch allmählige Modification der Meinung von der A. des Fleisches, fast ganz genähert, nur daran hat sie festgehalten, daß die A. erst zum Weltgerichte geschehen werde. Die Hypothese von einem geistigen Organe, welches jetzt schon zwischen Leib u. Seele u. woraus sich das künftige Geistesorgan entwickeln[927] werde, war eine schon von Aristoteles u. Origenes ausgesprochene u. im 18. u. 19. Jahrh. wieder mehrfach aufgenommene Ansicht. Durch die Lehre von der A. d. T. ist theils in der Dogmatik die heidnische, so wie gnostische u. manichäische Lehre von der Seelenwanderung (s.d.) zurückgedrängt, theils in der Moral dem überspannten Platonismus, der die Körper zu tief herabwürdigte u. als Princip des Bösen ansah, entgegengetreten worden. Auch im Islam wird eine A. d. T. gelehrt. Vgl. Unsterblichkeit.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 927-928.
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