Ewiger Jude

[26] Ewiger Jude. Als Christus zu der Kreuzigung ging, ruhte er nach der Legende am Hause eines Schuhmachers, Ahasverus. Dieser kam heraus u. befahl ihm weiter zu gehn; Jesus sprach: ich werde ruhn, du aber sollst gehn, bis ich komme! Nach Andern heißt er Kartaphilus, war Thürsteher beim Hohenpriester u. trieb Jesum mit Faustschlägen fort. Von innerer Unruhe getrieben, muß nun Ahasverus wandern u. kann nicht sterben, bis Jesus zum Weltgericht kommt. Alle 100 Jahre befällt den E. I. eine schwere Krankheit, nach der er wieder zum neuen Leben ersteht. Die Sage kam wahrscheinlich im 13. Jahrh. auf, wo sie der Mönch Matthäus Parisiensis zuerst erzählt, nach der mißverstandenen Stelle Joh. 21,23. Betrüger benutzten sie, bes. im 16. u. 17. Jahrh., um sich für den Ewigen Juden auszugeben, namentlich trat 1547 in Hamburg Einer auf, welcher sich für den E. J-n ausgab, von welchem die Erzählung zuerst Lpz. 1602 u. dann öfter gedruckt wurde. Das wahrhaft Poetische der Legende hat zu zahlreichen Bearbeitungen Veranlassung gegeben. Schubart benutzte zuerst den Stoff zu einer Art Romanze, Klingemann zu einem Trauerspiel, Julius Mosen u. Nicolaus Lenau zu episch-lyrischen Gedichten: außerdem ist er lyrisch behandelt von G. Pfizer, Smets u. A., in Form des Romans zuerst von Vulpius u. dann von E. Sue, welcher dem E. J-n noch eine Ewige Jüdin hinzufügte. Eine ausführliche Erzählung der Legende erschien 1634 von Chr. Duduläus Westphalus. Vgl. Grässe, Die Sage vom E. J-n, Dresd. 1844.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 26.
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