Gottesacker

[505] Gottesacker, 1) ein Gott geweihter offener Platz; 2) (Friedhof, Kirchhof), der Platz, wo die Todten einer Gemeinde begraben werden. Die G. in der ältesten christlichen Zeit (Coemeteria) waren vor der Stadt auf dem Felde. Dagegen errichtete im 4. Jahrh. Kaiser Constantin bei der Apostelkirche in Constantinopel einen Begräbnißplatz für sich auf dem dabei befindlichen Vorhofe, u. bereits im 6. Jahrh. war es allgemein Sitte, bei den Kirchen seine Grabstätte zu suchen. So entstanden die Kirchhöfe, u. durch das ganze Mittelalter war es Sitte, auf denselben begraben zu werden; jedoch waren schon im 4. Jahrh. Verordnungen nöthig, durch die z.B. das nächtliche Verweilen der Frauen auf den Begräbnißplätzen verboten wurde. Nicht vor der Kirche allein begrub man die Todten, auch in den Kirchen selbst wurden Grüfte u. Gräber angelegt, u. erst im 18. Jahrh. wurde dieser gesundheitswidrige Mißbrauch abgestellt. Wegen der Schädlichkeit der Kirchhöfe in den Städten verbot man nun auch an den meisten Orten das Begraben innerhalb der Stadt, was schon die alten römischen Gesetze untersagten. An manchen Orten wendet man viel auf Verschönerung der G.,[505] u. die Kirchhöfe des Père la Chaise in Paris u. in andern großen Städten gleichen mit ihren Prachtmonumenten u. schönen ausländischen Gesträuchen mehr einem überfüllten Park, als einem Leichenfelde; eben so sind die Begräbnißplätze zu Berlin, Magdeburg, Leipzig, Dessau u. andern deutschen Städten gut eingerichtet, bes. aber die der Herrnhuter, wo die Todten nach dem Alter begraben werden. Der Grund u. Boden der G. sammt Zubehör, an Gräbern, Befriedigungen, bes. Grüften, Denkmalen, Baumpflanzungen, Mauern, Grasung, Planken etc. ist Eigenthum der Kirche, u. fast überall bestimmt die Partikulargesetzgebung, wie es mit den Begräbnißplätzen gehalten wird, wie man dieselben erwirbt u. wie lange ein Grab Eigenthum des Verstorbenen u. dessen Familie bleibt. Der G. steht daher unter Aufsicht der kirchlichen Behörden. Wird eine Erweiterung des G-s od. ein neuer nöthig, so geschieht dessen Anlegung, bes. unter Berücksichtigung, ob die Bodenart eine rasche Verwesung befördert, unter Oberaufsicht dieser Behörden. Wo nicht besondere Vorsteher der G. angestellt sind, haben die nächste Aufsicht der Pfarrer u. die Kirchendiener, namentlich über Regulirung der Grabstätten u. Denkmäler, gehörige Reinlichhaltung etc. Gewöhnlich ist auf dem G. selbst od. in der Nähe des G-s eine Kirche od. Kapelle, worin Trauergottesdienste gehalten werden., Neu angelegte od. geweihte G. werden eingeweiht, bei den Katholiken mit besonderen Ceremonien, bei den Protestanten mit einfachen Reden. In neuerer Zeit wurde in manchen katholischen Ländern den Protestanten das Begräbniß auf katholischen G-n verweigert. Die G. der griechischen Kirche, bes. in Altrußland, liegen meist sehr hoch, entfernt von Dörfern u. sind meist mit hohen Fichten bepflanzt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 505-506.
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