Hiob

[394] Hiob (Job, der Dulder, der vom Schicksal Verfolgte), in der Bibel Heerdenbesitzer im Lande Uz, nach Einigen historische Person, dessen Geschichte das nach ihm benannte Lehrgedicht enthält, nach Neueren eine blos erdichtete Person; die Unterschrift der Peschito, welche H. für den König Jobab von Edom erklärt, ist eine bloße Conjectur. Das Lehrgedicht H., welchem vielleicht eine alte Geschichte zu Grunde liegt, besteht aus fünf Theilen: a) der Prolog (Kap. 1 u. 2) erzählt H-s Frömmigkeit, eine Versammlung der Engel u. des Satans vor Gott u. dessen Absicht, H. durch Unglück zu prüfen; b) der zweite Theil (Kap. 3–31) enthält den Redestreit H-s mit seinen drei Freunden Eliphas, Bildad u. Zophar; er beginnt mit einer Wehklage H-s über sein Schicksal; in den drei Wechselreden machen die Freunde die gewöhnliche Vergeltungslehre vom blos richterlichen Standpunkte u. ohne Rücksicht auf Gottes Gnade geltend u. beschuldigen H. immer deutlicher, daß er verdient beide, wogegen dieser jene Lehre bestreitet u. seine Unschuld behauptet; c) im dritten Theil (Kap. 32–37) geben die Reden Elihus zu, daß die Leiden nicht immer eine Strafe Gottes, sondern ein Mittel der Prüfung in Gottes Hand seien; d) der vierte Theil (Kap. 38–42), enthält die Reden Gottes selbst, welche durch Schilderung der Weisheit u. Macht Gottes den H. zum Stillschweigen u. zur Ergebung bringen; e) im Epilog gibt Gott dem H. Recht, den Freunden Unrecht, u. H. erhält alles Verlorene doppelt wieder. Unter den einzelnen Abschnitten hielten Viele theils den Prolog, theils die Reden des Elihu für unecht, die letzteren bes. deshalb, weil sie oft unklar, weitschweifig u. hart sind (obschon auch sehr beachtenswerthe Gedanken über den Zweck der Leiden darin vorkommen), u. weil auf die Reden des Elihu keine Antwort erfolgt. Auch Kap. 27, 7–28, 8. wird für unecht gehalten. Das Buch H. muß hebräischen Ursprungs sein. Man rechnete es früher zu den ältesten Büchern des Canons, wahrscheinlich gehört es aber in die Zeit des Babylonischen Exils, bes. auch wegen der ausgebildeten Engellehre. Die Talmudisten sehen in dem Buch eine Parabel, von Anderen wurde es als eine Art Theodicee bezeichnet, wiewohl die Frage, warum Gott den Guten leiden läßt, nicht positiv beantwortet wird. Wahrscheinlich hat der Verfasser die gangbare Volksmeinung den Gegnern des H. in den Mund gelegt, während seine eigene Ansicht in den Reden Gottes ausgedrückt wird. Inwieweit das persönliche Schicksal des Verfassers od. die Bedrängniß des Volkes Antheil an dem Buche hatte, läßt sich nicht bestimmen. Als poetisches Kunstwerk steht diese Schrift trotz mancher Weitschweifigkeiten sehr hoch, doch ist sie wegen der bilderreichen Sprache schwer zu erklären u. zu verstehen. Vgl. Übersetzungen u. Erklärungen von Älteren, besonders die von Schultens, 1737, 2 Bde.; von Neueren von Rosenmüller (lat.), Lpz. 1806; Schärer, 1818; Böckel, Berl. 1821; Eichhorn, Gött. 1824; Umbreit, 1824, 2. Aufl. Heidelb. 1832; G. Lange, Halle 1831; Köster (Übersetzung), Schlesw. 1831; Ewald, Gött. 1836, 2. A. 1851; L. Hirzel, Lpz. 1839, 2. Aufl. von Olshausen, 1852; Holzhausen, Gött. 1839; Hölscher, Osnabrück 1839; Justi, Kassel 1840; Stickel, Lpz. 1842; Vaihinger, 1842; Welte, 1849; Hahn, 1850; Magnus, Halle 1851; Schlottmann, Berl. 1851; Studer, Über das Buch H., Zürich 1858.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 394.
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