Ketteler

[447] Ketteler, ein altes westfälisches Geschlecht, welches früher v. Huesten hieß, u. dessen Mitglieder schon im 11. Jahrh. als die angesehensten Vasallen der Grafen von Arnsberg vorkommen. Den Namen K. soll das Geschlecht von der, zwischen Huesten u. Herdringen an der Ruhr liegenden u. von einem seiner Vorfahren erbauten Kettelburg, welche schon lange verfallen ist, angenommen haben. Mit den Söhnen Konrads, nämlich Röttger, Goswin u. Konrad, theilte sich 1440 das Geschlecht in drei Linien: Alt-Affen, Neu-Affen u. Gerckendahl. Unter Goswins Nachkommen ist bemerkenswerth: 1) Gotthard III., welcher zur Lutherischen Kirche übertrat u. 1559 Heermeister des Ordens der Schwertbrüder in Livland wurde; er trat, von dem Czar Iwan II. von Rußland bedrängt, mit seinen Ordensländern Esthland, Kurland, Semgallen u. Livland unter den Schutz Polens, überließ 1561 durch den Vertrag von Wilna dem König Sigismund II. August in Polen Livland, behielt für sich selbst Kurland u. Semgallen als weltliches von Polen zu Lehen gehendes Erbherzogthum u. wurde 6. März 1562 vom König Sigismund zum ersten weltlichen Herzog von Kurland u. Semgallen ernannt; er vermählte sich 1566 mit Anna, Herzogin in Mecklenburg, u. st. 17. Mai 1587. 2) Friedrich Wilhelm, welcher 1711 als Herzog von Kurland starb, war seit 1710 mit Anna Iwanowna, der Tochter des älteren Bruders Peters des Großen vermählt, welche 1730 als Anna I. Kaiserin von Rußland wurde. 3) Ferdinand, Oheim des Vor., war der letzte Herzog von Kurland aus dem Hause K. u. st. 1737 kinderlos. Die Familie blüht gegenwärtig noch in zwei Linien fort: A) Erste Linie, abstammend von dem oben genannten Freiherrn Röttger; sie erhielt 1670 den Freiherrnstand, u. ihr gegenwärtiger Chef ist: 4) Freiherr Maximilian, Sohn des 1831 verstorbenen Freiherrn Johann Friedrich, geb. 1825, ist preußischer Hauptmann u. seit 1855 mit Leontine geb. v. Prittwitz-Gaffron vermählt. B) Zweite Linie zu Harkotten, welche 1844 die Erlaubniß zur Fortführung des Freiherrnprädicats erhielt; dermaliger Chef ist: 5) Freiherr Wilhelm Emanuel, geb. 25.[447] Dec. 1811 zu Harkotten in Westfalen, wurde für den Staatsdienst gebildet, wendete sich aber dem Dienste der Kirche zu, erhielt das Pfarramt Hopsten in Westfalen u. ging 1848 als Mitglied der Deutschen Nationalversammlung nach Frankfurt. Hier erregte er bes. durch eine an dem Grabe von Lichnowsky u. Auerswald gehaltene freimüthige Rede die öffentliche Aufmerksamkeit u. wurde 1849 als Propst an die St. Hedwigskirche in Berlin u. 1850 auf den vacanten Bischofsstuhl von Mainz berufen. Er hat bes. für die Gründung der 1851 in Mainz errichteten theologischen Lehranstalt mitgewirkt u. war auch namentlich in dem Kirchenstreite in Baden (s.d. Gesch. V. E) thätig.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 447-448.
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