Kinderbewahranstalten

[488] Kinderbewahranstalten (Warteschulen), Anstalten, wo kleine Kinder, bes. armer Eltern, wegen Mangels an häuslicher Pflege aufgenommen, zur Reinlichkeit u. Ordnung gewöhnt u. nach ihrer Fassungskraft auf angemessene Weise ausgebildet werden Die Kinder werden in die Anstalt gewöhnlich vom ersten od. zweiten Jahre an aufgenommen u. bleiben darin bis zur Schulpflichtigkeit (6. od. 7. Lebensjahr). Die Kinder werden früh gewaschen u. reinlich gekleidet in die Anstalt gebracht, erhalten hier die mitgebrachte od. auch von der Anstalt gegebene Nahrung, werden gewartet, beaufsichtigt, unterrichtet u. Abends von den Eltern wieder abgeholt. Die ganz Armen zahlen nichts, die Bemittelten einen geringen Beitrag Die erste K. in Deutschland entstand durch die Fürstin Pauline von Lippe-Detmold 1802 in Detmold; darnach 1819 die in Berlin durch den Professor Wadzeck, u. um dieselbe Zeit in England durch Brougham die in Westminster, nach der nun sehr viele (Infant schools) in allen Theilen der Britischen Monarchie gestiftet wurden; in Schottland war die von Dwen bei seiner Fabrik in New Lanark eingerichtete K. die erste. Jetzt gibt es zahlreiche K. in den Vereinigten Staaten Nordamerika's, in Holland, der Schweiz, Italien u. Frankreich, wo man bes. Salles d'asile pour la premiére enfance u. Crêches [s. Krippen] einrichtete), allenthalben in Deutschland, bes. in Böhmen (zuerst in Prag) u. Österreich (namentlich in Wien) u. in Ungarn (wo die erste schon 1819 durch die Gräfin von Korompa in Ofen entstand), in Preußen (wo es über 390 K. mit mehr als 25,000 Kindern gibt), dem Königreich u. den Herzogthümern Sachsen etc. Die Erhaltung der K. geschieht durch die Privatwohlthätigkeit, durch Beiträge der städtischen Kassen u. durch kleine Zuschüsse der Eltern. Der jährliche Aufwand für ein Kind beträgt durchschnittlich 42/3 Thlr. Kindergärten sind dagegen für Kinder bemittelter Eltern; in denselben wird vorzugsweise unter Aufsicht u. Anleitung von Frauen u. Mädchen für eine naturgemäße Beschäftigung von Kindern, welche die Schule noch nicht besuchen gesorgt, dieselben in verschiedenen Spielen etc. unterwiesen. Sie sind vom Pädagogen F. Fröbel gegründet, welcher den ersten 1837 in Blankenburg anlegte, von da aus verbreiteten sie sich bald auch über das übrige Deutschland u. die Schweiz. Vgl. Mayo, Über die K.,[488] Lond. 1827; Wildenspin, über die frühzeitige Erziehung der Kinder, u. die englisch-deutsche von Wertheimer, Wien 1828; Döhner, Über Bewahr- u. Beschäftigungsanstalten für noch nicht schulfähige Kinder armer Eltern, Freiburg 1829; Rehlinger, Bewahrschule für kleine Kinder, Wien 1832; Chimoni, Leitfaden für Lehrer in K., ebd. 1832; I. G. Wirth, Mittheilungen über K. etc., Augsb. 1841: W, Hüffel, Die Kleinkinderschulen vom pädagogischen Standpunkte betrachtet, Weilb. 1841; Th. Fritz, Über Unterweisung u. Erziehung der Kinder etc. in K. Rottw. 1842.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 488-489.
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