Kniebeugung

[602] Kniebeugung, Zeichen bürgerlicher Ehrerbietung od. Demüthigung vor einem höhern Wesen; beim Gebet vor Gott werden beide, bei der Huldigung vor Menschen gewöhnlich nur ein Knie gebeugt. In der Katholischen Kirche ist es vorgeschrieben, bei welchen Gebeten der Christ die Knie beugen muß; in der Protestantischen Kirche ist zwar[602] die K. bei besonderen Gelegenheiten (z.B. an einigen Orten bei dem Kirchengebet an Bußtagen) gewöhnlich, aber nicht gesetzlich. Die Frage, ob die Protestanten in vorkommenden Fällen vor dem Sanctissimum der Katholiken u. der geweihten Hostie die Knie zu beugen haben, hat schon öfter Veranlassung zu Differenzen zwischen den beiden Confessionen gegeben; namentlich in neuerer Zeit in Baiern. Früher wurde hier die K. vor dem Allerheiligsten von Seiten des Militärs allgemein geleistet, allein 1803 wurde dieselbe aufgehoben, u. es wurde bestimmt, daß die Salutirung durch Berührung der Kopfbedeckung mit der Hand, durch gewisse Bewegungen mit den Waffen u. durch Neigen mit dem Kopf ausgedrückt werden sollte. Eine Ordre des Kriegsministeriums vom 14. Aug. 1838 aber befahl, daß die Mannschaft vor dem Hochwürdigsten nach Commando u. bei der Ertheilung des Segens niederkniete. Hiergegen beantragte das protestantische Oberconsistorium bereits 1838 u. 1839 beim Ministerium des Innern, daß alle protestantischen Soldaten von der Verbindlichkeit, die Kniebeugungen zu erweisen, befreit würden, u. 1840 reichten die protestantischen Mitglieder der Kammer der Abgeordneten eine Vorstellung dagegen ein; erst 1844 verfügte der König die Milderung, daß die protestantischen Soldaten nicht zur Bildung von Spalieren zu Fuß bei Processionen, wobei das Sanctissimum getragen wird, verwendet werden sollten. Seit 1845 wurde die K. nur auf das katholische Militär beschränkt u. endlich durch Kriegsministerialordre vom 13. April 1848 die von 1803 gewöhnliche Salutationsform im Wesentlichen wiederhergestellt. Vgl. Thiersch, Drei Sendschreiben über Protestantismus u. Kniebeugung, 1844.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 602-603.
Lizenz:
Faksimiles:
602 | 603
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika