Laubmoose

[152] Laubmoose (Musci), Pflanzenfamilie, niedrige, kryptogamische Pflanzen, mit einem deutlichen, blättertragenden, jedoch zuweilen sehr kurzem Stengel. Die Kapseln werden von einem Hautbalge umhüllt, welcher ringsherum zerreißt, so daß der obere Theil als Mütze (Calyptra) auf der Kapsel hängen bleibt. Jede Kapsel (Büchse) ist ei-, kugel- od. birnförmig u. hat meistens einen oben geschnäbelten Deckel, welcher zur Zeit der Reise abgeworfen. wird u. zwar mittels eines elastischen, von Spiralfäden gebildeten Ringes (Annulus), welcher am Eingange der nun becherförmigen Kapsel liegen bleibt. Dieser Eingang (Peristomium) ist mit Zähnen in einfacher, doppelter od. dreifacher Reihe besetzt, in denen ein bestimmtes Zahlengesetz (4, 8, 16,32,64) sichtbar ist. Besondere Organe der L. betrachtet man als Antheren (Staubgefäße) u. diese stehen am Ende der Zweige zwischen Fäden, nicht selten von sternförmig gestellten, zuweilen gefärbten Hüllblättchen (Perichaetium) umgeben. Jene Fäden nennt man Saftfäden (Paraphyses) u. sind in Fächer getheilt. Die Staubgefäße sind kurz gestielte, nach oben dickere, an der Spitze sich öffnende Schläuche, die eine klebrige Flüssigkeit entleeren. Die borsten- od. drahtförmige Endigung des Stängels, welches die Frucht (Büchse, Pyxidium, Theca) trägt, heißt Borste (Seta). Im Innern der Kapfeln ist oft ein Mittelsäulchen (Columella), an welchem. die Sporen (Keimkörner) hängen; diese bilden beim Keimen gegliederte Fäden, eine Art wurzelnder Unterlage (Sporophyllum), aus welcher das junge Moos wie eine Knospe hervorwächst. Gattungen sehr zahlreich, jede hat wieder eine Menge Arten. Bridel bringt sie unter folgende Rubriken: A) Evaginulati, hierunter blos Sphagnum; B) Vaginulati, hierunter die Klassen: a) Astomi (Kapsel ohne Mündung); b) Gymnostomi (Kapsel mit offener, aber kahler Mündung; c) Peristomi (mit Fasern an der Mündung), hierunter zwei Ordnungen: aa) Acrocarpi (gipfelständig), mit den Unterabtheilungen Aploperistomi, mit einfachem Besatz von. Zähnen; Diploperistomi (mit doppeltem Zahnbesatz); bb) Pleurocarpi (seitenständige): Aploperistomi, Di- [152] ploperistomi u. Entophyllocarpi; d) Epistomi (der innere verkümmerte Besatz als Scheidewand geschlossen), mit den Ordnungen: aa) Gymnostomi (kahlmündige); bb) Peristomi (die einzige Gattung Dawsonia, als Appendix: Andraea). Endlicher theilt sie in die Familien (Ordnungen): Andreaeceae, Sphagnaceae u. Bryaceae. Die L. bleiben das ganze Jahr hindurch grünend; doch gedeihen sie am besten zu Ende des Sommers; die meisten blühen im Herbst, viele jedoch auch im Winter; sie leiden von der großen Kälte nicht; der Sonnenhitze ausgesetzt trocknen sie zwar ein, leben aber im Herbst wieder auf. Auch völlig getrocknete erhalten, befeuchtet, ihr frisches Ansehen noch nach Jahren wieder. Sie sind über die ganze Erde verbreitet, hauptsächlich aber in der gemäßigten u. kalten Zone heimisch; doch finden sie sich auch unter den Tropen in Sümpfen od. schattigen u. feuchten Wäldern. Jede Zone hat ihre eigenen Arten; viele sind dabei auch über verschiedene Zonen, ja einige sogar über die ganze Erde verbreitet. In vertikaler Richtung verbreiten sie sich bis zur Schneegrenze. Sie finden sich auf allen Standorten: auf dem ersten Anfluge der Dammerde, auf Felsen, Mauern, Dächern, Brunnsteinen, namentlich auf der Wetterseite, auf Sand, in Flüssen, Gruben, Teichen, Sümpfen u. Torfgrund, auf Ebenen u. Bergen, wo sie namentlich dichte Decken bilden. Im Haushalte der Natur sind die L. sehr wichtig. Sie bilden durch ihre Vermehrung hauptsächlich auf früher pflanzenleeren u. nur von Flechten bewachsenen Stellen eine Humusschicht u. machen den Boden zur Entwickelung höherer Pflanzen geschickt. Sie saugen ferner die Feuchtigkeit aus der Atmosphäre u. theilen sie dem Boden mit, welchen sie außerdem noch vor zu starkem Austrocknen durch die Sonnenstrahlen bewahren; sie tragen hauptsächlich zur Torfbildung bei, zur Ergänzung des Sumpftorfes bes. Sphagnum, zu der des Bergtorses Polytrichum. Außerdem werden sie von Gärtnern benutzt, dienen als Polster- u. Packaterial etc.; im Norden zum Bau von Wohnungen; in Island backt man aus mehren Sphagnumarten eine Art Brod. Ihre chemische Zusammensetzung ist noch unbekannt. Sie besitzen nur geringe Heilkräfte u. wirken schwach adstringirend, gelind schweiß- u. zum Theil harntreibend; sie werden jetzt nur noch wenig angewendet, dienen aber hie u. da als Volksmittel.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 152-153.
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