Pisébau

[159] Pisébau, eine Art Erdbau, eignet sich bes. für Wohnungen der Landleute u. für Ökonomiegebäude, ist fest u. dauerhaft u. wohlfeiler als alle anderen Bauarten. Die Mauern der Wände werden ganz einfach aus Erde, Lehm od. Thon aufgeführt, welche Stoffe zwischen Breterformen eingestampft werden. Man wendet auch eine Mischung von Steinkohlenasche u. trocken gelöschtem Kalk an, beides wird gemengt, mit Wasser angefeuchtet, mehrmals durchgemengt u. dann zwischen Breterformen eingestampft. Die besonderen Vorzüge des P-s sind angenehme Kühle im Sommer, Wärme im Winter, Trockenheit u. größere Sicherheit gegen Feuer. Diese Eigenschaften machen den P. namentlich auch für Ställe ganz geeignet. Einer der wesentlichsten Punkte beim P. ist, daß die Erde gleich nach dem Ausgraben, so lange sie noch die natürliche Feuchtigkeit besitzt, verarbeitet wird; ausgetrocknet u. mit Wasser benetzt liefert sie nie einen guten, festen Verband. Die tauglichste Erde zum P. ist die, welche keine verwesten Pflanzentheile enthält; gewöhnlich findet sie sich 1–2 Fuß unter der Erdoberfläche. Lehm mit Thonschieferstückchen durchmengt, ist am vortheilhaftesten. Thon muß mit kleinen Kieseln od. Thonschieferstückchen durchmengt werden. Kleine Steine der Erdart beigemengt, geben dem Bau eine größere Festigkeit, u. die Wände bekommen diejenige Rauheit, wodurch der Verputz die gehörige Haltbarkeit erlangt. Vor Feuchtigkeit müssen alle Pisémauern geschützt werden; deshalb müssen bei trockenem Boden die steinernen Sockelmauern wenigstens 2 Fuß, bei feuchtem bis 10 Fuß über die Erdoberfläche aufgeführt werden. Alle Pisébauten läßt man 1–2 Jahre stehen, ehe sie abgeputzt werden. Die zum P. nöthigen Vorrichtungen sind: a) Form, ein aus 10 F. langen Rahmenstäben bestehendes Gestell von vierzottigem Tannenholz; in jedem Rahmen stehen 5 bewegliche 7–8 F. lange Pfosten. Die beiden Rahmen sind durch eiserne Querstangen unter sich verbunden u. können dadurch, je nach der Dicke, welche die Mauer erhalten soll, in beliebiger Breite auseinander gerückt werden. Die inneren Seitenwände der Formen werden mit Bretern verschalt, zwischen welchen die Erde in 3–4 Zoll dicken Lagen eingeschüttet u. fest eingestampft wird. b) Der Stampfer; dazu braucht man 10–12 Zoll hohe einseitige, nach oben schmäler werdende Buchen- od. Eichenholzklötze, deren Grundfläche ein Quadrat von 25 Quadratzoll bildet, u. versieht sie mit 5– 6 Zoll langen Stielen. Die durch das Stampfen erhaltene erforderliche Festigkeit gibt sich durch eine bemerkliche Elasticität der Masse u. durch Zurückprallen des Stampfers zu erkennen. c) Die Mauerreiter, 3–4 Zoll lange, 2–3 Zoll starke rauhe Stäbe aus Birkenholz, welche da, wo die Mauern zusammenstoßen, kreuzweis eingelegt u. mit eingestampft werden. Hinsichtlich der Stärke der Pisémauern gilt im Allgemeinen Folgendes: Bei Gebäuden von zwei Stockwerken à 12 Fuß Höhe müssen die Umfassungsmauern des ersten Stockes 2 Fuß, die des zweiten Stockes 18 Zoll stark gemacht werden. Die Scheidewände erhalten in den Stockwerken eine Dicke von 12 Zoll u. dienen eigentlich zur Aufnahme u. Anlehnung russischer Schornsteine. Thür- u. Fenstergestelle sind nicht nothwendig, sondern es können alle Wandöffnungen mit wagerecht liegenden Deckhölzern od. alten Bretern so lange abgedeckt werden, bis die Pisémasse vollständig getrocknet ist. In die Thür- od. Fensteröffnungen werden nur hölzerne Futter eingesetzt u. mit Tümplehm festgestrichen. Alle inneren Wände können statt des Putzes mit seinem Lehm überstrichen, abgeweißt u. mit Kalkfarben gemalt werden Vgl. v. Steiner, Der Lehmbau auf dem Lande, Weim. 1840; Lehmann, Der P., Quedlinb. 1837; Wöng, Der P., Würzb. 1838; Wulfer, Der verbesserte P., Weim. 1835; Daffner, Der P., Schaffh. 1843; F. Engel, Der Kalk-, Sand-P., Wriezen 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 159.
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