Theosŏphie

[491] Theosŏphie (v. gr.), 1) die tiefere Erkenntniß der göttlichen Wahrheiten; 2) das angeblich höhere Wissen von Gott, welches den Auserwählten auf übernatürlichem Wege, also durch unmittelbare Offenbarung enthüllt werden u. den Theosophen in den Stand setzen soll übernatürliche Wirkungen hervorzubringen; in letzter Beziehung heißt die Th. auch Theurgie. Die Th. ist eine Art von Vernunftmysticismus od. dieser selbst, nur mit dem Unterschied, daß er eine philosophische Form annimmt.[491] Die Theosophen treten durch ihre phanta-stische Auffassung des Göttlichen von dem Gebiet der Wissenschaft in das Reich der Dichtung hinüber, u. verirren sich darin, daß sie innerlich das Ewige unmittelbar aus höherer Erleuchtung schauen zu können u. wirklich zu schauen glauben, während es doch nur das Bild einer exaltirten od. ihre Natur prädominirenden Phantasie ist, welches ihnen erscheint. Daher findet man namentlich unter den Morgenländern eine Menge von Th., u. selbst in der Philosophie spielten die theosophischen Visionen (s. Vision) eine nicht unbedeutende Rolle, so z.B. bei Jamblichos, Proklos etc. Indeß finden sich solche Erscheinungen auch im Abendlande, wie Jakob Böhm, Valent. Weigel, Swedenborg, St. Martin u. A. Ja selbst in der Philosophie hat sich, namentlich im Schellingschen System, ein Hang zur Th. wieder deutlich gezeigt; 3) bei Oken der erste Theil der Naturphilosophie, s. Oken.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 491-492.
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