Winterquartiere

[275] Winterquartiere, die Cantonnements, in welche sich eine Armee nach beendigtem Feldzug zurückzieht, um dort die rauhe Jahreszeit in Ruhe zu verbringen. Diese Cantonnements werden in möglichst von dem Kriege verschonten, mehr rückwärts gelegenen Gegenden, u. wo thunlich so bezogen, daß der Gegner keinen wichtigen Punkt überfallen u. durch einen od. zwei abgewonnene Märsche nehmen kann. Die Truppen werden möglichst weitläufig, doch so gelegt, daß sie sich brigaden- u. divisionsweise möglichst schnell versammeln können. Für jedes Bataillon u. Escadron ist ein Sammelplatz bestimmt, auf welchem sie sich im Fall eines Allarms sammeln u. sogleich nach dem Hauptsammelplatz rücken. Um die W. schnell allarmiren zu können, werden Fanale errichtet, auch Kanonen aufgestellt, um Schallsignale geben zu können. Zum Schutz der W. wird eine od. mehre Divisionen näher gegen den Feind vorgeschoben, u. diese entsenden wieder mehre Bataillone auf Vorposten, welche eine Postenkette ausstellen, sich auch wohl durch, in der Eile angelegte Werke verschanzen. Im Alterthum pflegten die Truppen beim Beginn des Winters in ihre Heimath zurückzukehren u. nicht vollendete Kriege mit Anfang des Frühlings weiter fortzusetzen. Die Römer versuchten ein Winterlager (Hiberna) in Feindes Lande zuerst bei der Belagerung von Veji (400 v. Chr.); dasselbe war befestigt durch Wall u. Graben; die Zelte (Hibernacula) waren aus Bretern, Schilf, Stroh u. dgl. Unter den Kaisern wurden die Winterlager so eingerichtet, daß für alle Lebens- u. militärischen Bedürfnisse hinreichend Sorge getragen war, man fand dort Waffenstätten, Lazarethe, Restaurationen etc. u. aus solchen W-n entstanden in Deutschland, Frankreich u. England oft Städte, bes. in England die auf -cester u. -chester endigenden. Im Mittelalter endigte jeder Feldzug mit regelmäßigen W-n, ebenso in den späteren Kriegen von dem Niederländischen Aufstand bis zum Siebenjährigen Krieg. In den neueren Feldzügen seit 1792 haben gar keine W. Statt gefunden, sondern man setzte, wie im Feldzuge 1805–1806, 1806–1807, 1812–1813, 1814–1815 auch im Winter den Krieg fort (Winterfeldzüge), ja begann sie noch im W., wie 1864 der Deutsch-Dänische Krieg. Höchstens finden jetzt noch Erholungs- (Rafraichissements-)quartiere Statt, wo die Truppen 14 Tage bis 3 Wochen von den Strapazen des Krieges ausruhen u. Verstärkungen an sich ziehen. Sie werden ganz wie W. behandelt, nur daß die Truppen nicht in so weite Cantonnements verlegt werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 275.
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