Hoffen

1. Besser zu Tode gehofft, als zu Tode gezweifelt.


2. Der hofft, verlest sich offt auff ein Ding wie der Bock auff seine Hörner.Lehmann, 397, 40.


3. Es ist ungewiss Hoffen auff vngelegte Eyer. Lehmann, II, 136, 61.


4. Hapen un Harren mâkt manken to'n Narren.Hauskalender, I.


5. Hoff' auf Gott in aller Noth.


6. Hoff des bessern vnd warte dess ärgsten.Lehmann, 395, 6.


7. Hoff nicht zu heftig auf ein sach, dir wird sonst zuviel vngemach.Petri, II, 382.


8. Hoff, was zu hoffen ist.Franck, I, 157a.


9. Hoffe auf fremden Brei, aber sorge, dass dein eigener im Ofen sei.


10. Hoffe nicht auf eitles Gut, so behältst du guten Muth.

Lat.: Mitte leves spes et certamina divitiarum. (Seybold, 309.)


11. Hoffe, vielleicht wird's morgen besser.Lehmann, II, 267, 79.

Böhm.: Netrat' nadĕje, když se zle dĕje. (Čelakovsky, 108.)

Dän.: Haab, i morgen bliver det bedre. (Prov. dan., 263.)

It.: Spera bene, che bene haverai. (Pazzaglia, 362, 4.)


12. Hoffe, was du wünschest, und leide, was du musst!

Dän.: Man man haabe og ønske hvad man vil, men lide taalmodeligen hvad vederfares. (Prov. dan., 263.)


13. Hoffen darff man nicht kauffen.Lehmann, 395, 2.


14. Hoffen ist ein süss leben.Gruter, III, 50.


15. Hoffen ist ein süss Leiden.

Lat.: Speramus, quae volumus, sed quod acciderit, feramus. (Cicero.) (Philippi, II, 197.) – Spes miseria est dulcissima. (Froberg, 575; Seybold, 579.)


16. Hoffen ist ein vngewiss Gut.Lehmann, II, 256, 64.


17. Hoffen und Träumen lässt vieles versäumen.


18. Hoffen und Wünschens geht viel in einen Sack.


19. Hoffen und Zweifeln kommen aus Einem Seckel.

Lat.: Dum spiro, spero, sed dubito deinde, quis ero. (Binder II, 878; Gartner, 188.)


20. Hoffen vnd harren macht grosse (manchen zum) Narren.Eyering, III, 33; Petri, II, 382; Gruter, I, 48; III, 50; Lehmann, 395, 16; Lehmann, II, 256, 63; Latendorf II, 17; Fischer, Psalter, 67c; Blum, 64; Pistor., V, 61; Müller, 30, 1; Eiselein, 317; Seybold, 172; Venedey, 73; Simrock, 4862; Körte, 2910; Parömiakon, 2294; [718] Mayer I, 99 u. 218; Lohrengel, I, 371; Reinsberg II, 173; Braun, I, 1429; für Waldeck: Curtze, 344, 378.

»Man sagt, das hoffen vnd das harren macht manchen weisen mann zum narren.« (Waldis, I, 4, 33.) »Wie man denn spricht, hoffen vnd harren das macht manchen grossen Narren.« (H. Sachs, II, LXXII, 1.) Lessing (XI, 2, 322) hat: Hoffen und Harren macht grosse Narren. – Man kann leicht zu viel hoffen, wie das Mädchen mit dem Milchtopf; aber »etwas hoffen und sorgen muss der Mensch für den kommen den Morgen, dass er die Schwere des Daseins ertrage und das erdrückende Gleichmass der Tage«. (Schiller.) Die Russen sagen: Auf der Wiese der Hoffnung weiden viele Narren. Und: Mancher, der mit dem Hoffen fertig ist, legt sich aufs Harren. (Altmann VI, 388 u. 474; Reinsberg II, 139.)

Dän.: Haabe og vente er giekkesrente. (Bohn I, 372; Prov. dan., 263.)

Frz.: On est souvent dupé par l'espoir. (Gaal, 901; Starschedel, 408.)

It.: Chi uccella a speranza, prende nebbia. – La speranza molte volte inganna. (Pazzaglia, 362, 7.)

Lat.: Fallitur augurio spes bona saepe suo. (Ovid.) (Binder I, 511; II, 1084; Fischer, 89, 11; Kruse, 303; Schonheim, F, 2; Gaal, 901.) – Spes alit et fallit. (Gaal, 903.) – Spes reficit dominum, fallit et ipsa suum. (Binder I, 1679; II, 3195; Gärtner, 189; Seybold, 580; Philippi, I, 198.)


21. Hoffen vnd meinen trösten wol, geret! doch selten, wie es soll.Petri, 382.


22. Hoffen von dreien ist verloren: ein Edler vom Schlechten, ein Frommer vom Ungerechten, der Weise vom Thoren.

23. Ich hoffe noch und zweifle doch.Lehmann, 277, 23; Simrock, 4863.


24. Ich hofft' und ich dacht' hat manchen zum Bettler (Narren) gemacht.

Holl.: Hopen en duchten doet velen verzuchten. (Harrebomée, III, 33.)


25. Man hofft auf Besserung, aber es wird immer ärger (schlimmer).


26. Man hofft gern, was man wünscht.


27. Man hofft oft, wenn der Baum noch blüht, er werde gute Aepfel geben, aber er hält nicht Farbe.

Böhm.: Vždycky se nedĕje, jak se kdo nadĕje. (Čelakovsky, 198.)


28. Man hofft, so lange man lebt.

Die Russen: Wer der Hoffnung entsagt, entsagt auch dem Glück. (Altmann VI, 452.) Die Hindus: So lange Leben da ist, ist die Welt vor mir. Die Perser: So lange die Wurzel im Wasser ist, ist Hoffnung auf Frucht da. So lange Athem ist, ist Hoffnung da. In einem Athen sind tausend Hoffnungen. Die Venetier: Die Hoffnung ist das Letzte, was stirbt. (Reinsberg II, 140.)

Böhm.: Dokud človĕk ústy zívá, nech všeho nadĕji mivá. – Doufej smĕle, dokud duše v tĕlo. (Čelakovsky, 198.)

Dän.: Saa, længe der er liv, er der haab. (Čelakovsky, 198.) – Man skal haabe til hiertet brister. (Prov. dan., 264.)

Engl.: While there is life, there is hope. (Gaal, 904.)

Holl.: Zoo lang er leven is, is er hoop. (Harrebomée, I, 332.)

It.: Insin che v'è fiato v'è speranza. (Gaal, 904.)

Lat.: Dum spiro, spero. (Egeria, 3; Binder I, 384; II, 878; Faselius, 70; Philippi, I, 128.) – Sperandum est vivo, non est spes ulla sepultis. (Binder I, 1677; II, 3190; Seybold, 578; Philippi, II, 197.)

Poln.: Póki jedno człowiek ziewa, wszystkiego się niech spodziewa. – Spodziewaj się śmiele, póki dusza w ciele. (Čelakovsky, 198.)


29. Man muss allzeit das beste hoffen vnd dz böse gewarten.Lehmann, II, 408, 15.


30. Man mutt't beste hapen, 't schlimmste kummt an dat wohl.Bueren, 833; Hauskalender, I.


31. Man soll das best hoffen, das böss kompt wol von sich selbst.Lehmann, 396, 36.

Dän.: Du skal altid haabes til det best. (Prov. dan., 293.)


32. Man soll das Beste hoffen und das Schlimme tragen.

Frz.: S'attendre n'est pas le bon moyen de s'entendre. (Cahier, 141.)

Lat.: Speremus, quae volumus; sed quod acciderit feramus. (Seybold, 578.)


33. Nichts hoffen und nichts scheun soll des Juristen Wahlspruch sein.Einfälle, 407.


34. Viel hoffen und das Wenige halten.

Böhm.: V nadĕji mnoha mála se nespouštĕj. (Čelakovsky, 199.)

Poln.: W nadzieję wiela mała nieopuszczaj. (Čelakovsky, 199.)


35. Von hoffen hat man weder zu essen noch zu trinken.Lehmann, 396, 26; Binder II, 3383.

Die Russen: Die Hoffenden sitzen zu Füssen der Habenden. (Altmann VI, 452.)


[719] 36. Was man am ehesten hofft, geschjeht am wenigsten.

Lat.: Ubi maxima spes, ibi minima spes. (Binder II, 3383; Lehmann, 395.)

37. Was man am meisten hofft, geht am ersten fehl.

Dän.: Det man tit haabes, meest skeer mindst. (Prov. dan., 273.)


38. Was man hofft, glaubt man gern.

Lat.: Hoc facile credunt, quod nimis miseri volunt. (Philippi, II, 178.)


39. Was man hofft, schickt sich oft.


40. Wenn man's am wenigsten hofft, liegt ein Fisch in den Reusen.

Lat.: Que minime reris de gurgite pisce frueris.


41. Wer hoffen kann aus gutem Grund, der find sein Trost zu aller Stund.Petri, I, 104.


42. Wer hoffen und harren kann, der ist (bleibt) ein unverdorben Mann.Sutur, 910.

Lat.: Rebus in adversis animum submittere noli; spem retine. (Cato.) (Binder I, 1537; II, 2930; Fischer, 199, 6.) – Rebus in adversis melius sperare memento. (Fischer, 199, 6; Seybold, 522; Sutor, 910.)


43. Wer hofft auff die Chulle (Erlösung), is bald mechulle (verarmt, verdorben).Tendlau, 915.


44. Wer hofft, das er nit haben mag, macht seinem Herzen grosse Plag.

Lat.: Cum spes frustratur, non spes, sed poena vocatur. (Sutor, 911.)


45. Wer hofft, einen Stein auf eines andern Grab zu legen, der legt ihn auf sein eigenes.


46. Wer hofft in Gott, wird nicht zu Spott.Hertz, 12.

Hausinschrift in der Schweiz.


47. Wer hofft und meint, er hab's schon ganz, der hat den glatten Aal beim Schwanz.

Die Walachen: Wer hofft, so lang er lebt, stirbt arm. (Reinsberg II, 139.)

Dän.: Jeg haaber nok, men tvivler dog. – Pik paa kuben, hun giver vel end nu en sværm. (Prov. dan., 263.)


48. Wer nicht hofft ein Gut, fürchtet kein Uebel.Winckler, XIX, 38.


49. Wer nichts hofft, dem geht nichts fehl.

It.: Chi nulla può sperar, nulla disperi. (Pazzaglia, 362, 8.)


50. Wer nichts hofft, fürchtet auch nichts.

It.: Disperato dolor, chi non sa prode. (Cahier, 2900.) – Nulla teme, chi nulla spera. (Pazzaglia, 371, 8.)


51. Wer viel hofft, der muss viel sorgen, es gehe zuruck heut oder morgen.Lehmann, 395, 14; II; Sachs, LXXII, 1.

Dän.: Hvo meget haaber haver sorgen, det gaaer tilbage i dag eller morgen.


52. Wer viel hofft, täuscht sich oft.


53. Wer will hoffen, der muss wagen.


54. Wer's hofft1, der hats wie der Aal beym Schwantz.Lehmann, 396, 27.

1) Nämlich irgendein grosses Glück.


55. Wir hoffen, Gott gibt's.


56. Wir hoffen, so lang uns der athem im leib. Tappius, 218b; Lehmann, II, 856, 423.

Lat..: Aegroto dum anima est, spes est. (Erasm.; Tappius, 218b.)


*57. Er hofft noch Papst zu werden.Mayer, I, 99.


*58. Ich habe drauf gehofft, wie das Kind auf den heiligen Christ.


[720]

59. Der hoffen wil sonder volherden, dem sol trew selden zu dienste werden.Weinsberg, 66.


60. Es hofft mancher das, das eynem andern wirt.Wachter.


61. Hoff' besseres und denck doch darbey, das dies leben vergenglich sey.Spangenberg, 32.

Lat.: Sperate tanquam mortalis.


62. Ich hoffen zu dir, zweiffl nit an mir.Weinsberg, 68.


63. Ich will hoffen vnd herden, was nit ist, dass mach werden.Weinsberg, 47.


64. Nicht was er hofft, isst der Mensch, sondern was er erlangt.Merx, 58.


65. Wer hofft, liebt, was künftig; der Weise, was vernünftig.


66. Wer hofft, so lang er lebt, stirbt arm.Schuller, 37.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
Lizenz:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Aristophanes

Die Wolken. (Nephelai)

Die Wolken. (Nephelai)

Aristophanes hielt die Wolken für sein gelungenstes Werk und war entsprechend enttäuscht als sie bei den Dionysien des Jahres 423 v. Chr. nur den dritten Platz belegten. Ein Spottstück auf das damals neumodische, vermeintliche Wissen derer, die »die schlechtere Sache zur besseren« machen.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon