Pfahl

1. Alte Pfähle muss man nicht versetzen.


2. An einen faulen Pfahl kann man sich nicht halten (lehnen).

Holl.: Men kan zich aan geen' vuilen paal doen wrijven. (Harrebomée, II, 159a.)


3. Beim Pfahl muss man nicht auf das spitze Ende schlagen.


4. Binnen meinen vier Pfählen muss ich sicher sein.Estor, III, 645, 1047; Graf, 497, 80.


5. Ein jeder hat seinen Pfal vnd eigen Plage. Petri, II, 200.


6. Ein Pfahl hält nicht den ganzen Zaun.

Böhm.: Jeden kůl plotu neudrži. (Čelakovský, 359.)


7. Einen Pfahl muss man auf den Kopf schlagen.

Die Russen: Man muss beim Pfahl nicht auf das spitze Ende schlagen. (Altmann V, 113.)


8. Es ist ein schlechter Pfahl, der nicht ein Jahr den Zaun halten will.

Engl.: 'T is a bad stake will not stand one year in the hedge. (Bohn II, 134.)

9. Faule Pfähle stehen nicht lange.

Holl.: Kranke palen staan het langst. (Harrebomée, II, 159a.)


10. Gespaltene Pfähle lassen sich nicht einschlagen.Schlechta, 199.


11. In seinen vier Pfählen ist mancher beherzt.


12. Morscher Pfahl hält keinen Baum.


13. Vor dem Pfahl im Fleisch schweigen alle Gesetze, beschloss das Kapitel, das eine junge Nonne verurtheilen sollte, und dem die Aebtissin, aus Versehen in der Kutte des Beichtigers, vorsass.Klosterspiegel, 50, 6.


14. Wenn der Pfahl auch nur ein Stück Holz ist in Henkers Augen, so ist er doch ein Werkzeug der Marter für den Gepfählten. (Aegypt.)


15. Wer seine vier Pfähle wehrt, thut Nothwehr wie der, der seinen Leib rettet.Graf, 381, 511.

Wenn ein Angriff auf den Heim- oder Hausfrieden geschah, so konnte derselbe von dem in seinem Hause friedlich lebenden Manne stets mit bewaffneter Hand zurückgewiesen werden; denn er vertheidigte eins der heiligsten Rechte, und er konnte, wenn die Umstände es geboten, in dieser Vertheidigung bis zur Tödtung des Angreifers gehen, wobei es gleichgültig blieb, ob der Eindringende einen schweren Friedensbruch oder nur eine geringfügige Kränkung beabsichtigte. Dies ist der Sinn des obigen Sprichworts. (S. Hausfriede 2 und Heimsuchung 2.)

Mhd.: Wer seine vier phell weret, der tut notwer als der seinen leib rettet. (Homeyer, Glosse zum Sachsenspiegel.)


*16. Am Pâl stân.Dähnert, 341a.

Am Pranger, an der Straf- oder Schandsäule; auch öffentlich beschämt werden.


*17. Bleib in deinen vier Pfählen.

»In seinen vier pfehlen.« (Mathesius, Postilla, I, CXXXIIa.)

Lat.: Intra tuam pelliculam te contine. (Mart.) (Philippi, I, 207.)


*18. Das ist ein Pfahl über Wasser.

Das kann jeder erkennen, der gesunde Augen hat.

Holl.: Dat staat als een paal boven water. (Harrebomée, II, 159a.)


*19. Das ist ein Pfahl unter Wasser.

Eine verborgene Gefahr.

Holl.: Dat is een paal onder water. (Harrebomée, II, 158b.)


*20. Du kannst di an' fûlen (schmuzigen) Pâl nich schön frîven (reiben).Bueren, 405; Frommann, IV, 288, 407; Eichwald, 1470.


*21. Einn pfal für das hauss schlagen.Franck, II, 71b.


*22. Einn pfal für thür schlagen.Franck, II, 20a.

Franck gebraucht die Redensart für die lateinische: Medium ostendere unguem, und hat ihr noch folgende verwandte beigefügt: Ich geb nit schnips drumb. Die feigen (s.d. 19) weisen. Den Starken schlagen. Den narren iagen. Einen galgen ans hauss malen. Den geil vber einn schlagen. Den narren stechen. Ein Eselsohr machen.


[1243] *23. Hê hett 'n Paol in'n Rügg'n. (Altmark.) – Danneil, 153.

Von einem hölzernen, steifen, stolzen Menschen, der, wo es erwartet werden kann, sich nicht bückt.

Engl.: He hath swallowed a stake he cannot stoop. (Bohn II, 179.)

*24. He is up sine vêr Pâl.Dähnert, 341a.

Er ist vergnügt, da er in seinem eigenen Hause ist.


*25. In seinen vier Pfählen sein (bleiben).Braun, I, 3230.


*26. Nicht aus seinen vier Pfählen kommen.

Stets zu Hause sein.

Lat.: Intra quatuor. (Eiselein, 507.)


*27. Wenn die Pfähle grünen werden. (Lit.)

Ergänzend: Wird dies oder das geschehen, um zu sagen: nie. (S. Nimmerstag.)


[Zusätze und Ergänzungen]

28. Wer die Pfähle schlecht zuhaut, macht einen schlechten Zaun.


*29. Den Pfahl auf seinem eigenen Knie spitzen.

D.h. sich selber schaden.

It.: Aguzzare il palo in sul ginocchio. (Giani, 1810.)


*30. Ein Pfahl ins Fleisch. – 2 Kor. 12, 7.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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