Birke

[253] Birke, die gemeine oder Weißbirke, auch Maie, ist ein schön belaubter Baum, der im nördl. Europa zu Hause ist und an dem weißen, dünnblätterigen Überzuge der Rinde des Stammes und der stärkern Zweige sich schon aus der Ferne erkennen läßt. Eine Abart davon ist die Hängebirke, welche sich durch schlanke, herabhängende Zweige auszeichnet. Die Birke gedeiht zwar in jedem, am besten aber in sandigem oder bergigem Boden, wo sie auch Wälder bildet und wächst weiter im Norden, als irgend ein anderer Baum, denn unweit des Nordcaps wird sie noch mehre Ellen hoch. Der Nutzen dieses Baumes ist sehr mannichfach, obgleich sein Holz zum Bauen kaum taugt; desto mehr wird es aber von Wagnern, Böttchern, Drechslern [253] und von den Tischlern zu allerlei Hausrath verarbeitet. Die Birkenmasern, wie man die an Wurzel, Stamm und Ästen vorkommenden knotigen Auswüchse nennt, werden ihrer besondern Härte und Festigkeit wegen vorzüglich beim Maschinen- und Mühlenbau und zu eingelegter Arbeit benutzt. Aus den Birkenreisern werden Besen gemacht und die dünne Schale der Rinde wird als Kien benutzt, weil sie sehr leicht brennt. In den nordischen Ländern decken die Landleute mit der Schale ihre Hütten, verfertigen daraus allerlei Gefäße, auch Schuhe und in Kamtschatka wird sie sogar mit Kaviar gegessen. In Rußland gewinnt man ferner durch Destillation aus der Rinde das Birkenöl oder den lithauischen Balsam, womit dem russ. Juchten sein eigenthümlicher Geruch ertheilt wird. Als Brennholz steht das Birkenholz mit dem ellernen zwischen den harten und weichen Holzarten in der Mitte. Die daraus bereitete Kohle gibt ein starkes, gleichmäßiges, wenig dampfendes Feuer und wird deshalb gern zum Schmelzen von Metallen in kleinen Mengen angewendet; auch bedient sich ihrer die homöopathische Heilkunst als eines wirksamen Heilmittels. Der durch Verbrennen des Holzes erhaltene Ruß wird für den besten zur Bereitung der Buchdruckerschwärze gehalten und die Asche wird noch zu guter Lauge und zu Pottasche benutzt. Aus den jungen Birkenblättern werden Salben bereitet, welche man, gleich dem Aufgusse oder Absud derselben, gegen Hautkrankheiten, Gicht und Rheumatismen anwendet. Mit Alaun in Wasser gekocht, geben sie eine Art Schüttgelb. Auch bedient man sich ihrer zur Wiederherstellung unterdrückter Fußschweiße, indem man die Füße in mit frischen Birkenblättern gefüllte Säckchen steckt. Der Birkensaft oder das Birkenwasser ist der zu Anfange des Frühjahrs in den Birken vorzüglich reichlich aufsteigende Nahrungssaft. Man erhält ihn, wenn man; bevor noch aller Frost aus der Erde ist, die Rinde, am vortheilhaftesten unweit der ersten großen Äste, nicht sehr tief und schräg anbohrt. Durch eine darein befestigte Röhre wird dann der reichlich ausfließende Saft in ein untergesetztes Gefäß geleitet und in 24 Stunden erhält man davon 10–15 Maß. Er wird entweder frisch zu Frühjahrscuren benutzt, wo er blutreinigend wirken soll, oder man bereitet durch Abkochen mit Honig und Zucker und Zusatz von Gewürzen Birkenwein und Birkenchampagner davon; der letztere muß aber noch einer Gährung unterworfen werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 253-254.
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