Carbonari

[383] Carbonari, zu deutsch Köhler, nannten sich die Mitglieder einer sehr ausgebreiteten geheimen politischen Gesellschaft in Italien, die seit 1818 aus ihrer Verborgenheit hervortrat, und neben der Gewinnung religiöser und bürgerlicher Freiheit, die Vereinigung Italiens zu einem Reiche beabsichtigte. Ihre Gesetze sprachen daher jedem Carbonaro das natürliche, unveräußerliche Recht zu, den Allmächtigen nach eigner Einsicht und Überzeugung zu verehren, und ihr bildlich zu verstehender Wahlspruch war »Rache des durch den Wolf erdrückten Lammes«. Die Versammlungsorte der Carbonari wurden Hütten, das Innere derselben Vendita oder Kohlenverkauf, die äußere Umgebung der Wald genannt, und der Verein aller Hütten einer Provinz hieß Republik. Die angesehensten Hütten waren in Neapel und Salerno, bestrebten sich aber vergeblich, einen entscheidenden und leitenden Einfluß auf die ganze Gesellschaft zu erhalten, als deren Stifter im 16. Jahrh. eine schwankende Sage König Franz I. von Frankreich nennt, auf dessen Wohl daher bei den festlichen Versammlungen der Carbonari getrunken ward. Sollte aber damals wirklich ein gleichnamiger Verein bestanden haben, so wurde er doch erst während der Regierung König Murat's über Neapel von republikanisch gesinnten Unzufriedenen erneuert, die sich in die unwegsamen Gegenden der Abruzzen flüchteten und vielleicht anfänglich mehr die Vertreibung des fremden Herrschers beabsichtigten, da sie sich später für das zurückgekehrte alte Regentenhaus erklärten. Als dies aber ihren anderweitigen Erwartungen nicht entsprach, führten die Carbonari die neap. Revolution von 1820 herbei, wodurch dem Hofe eine Constitution aufgedrungen wurde. Der Verein war damals am zahlreichsten und fand durch ganz Italien die größte Theilnahme, da es ihm aber an einer durchgreifenden obern Leitung gebrach, ward er mit der neap. Revolution leicht unterdrückt, und seine Mitglieder wurden seitdem in ganz Italien als Hochverräther verfolgt und bestraft. – Ähnliche politische Zwecke beabsichtigten wahrscheinlich die Calderari oder Kesselschmiede, ebenfalls eine ital. geheime Gesellschaft, die 1813 in Neapel durch von den Carbonari ausgeschlossene Mitglieder, nach Andern aber kurz vorher in Palermo durch wirkliche Kesselschmiede gestiftet worden sein soll, welche über die unter damaliger engl. Verwaltung Siciliens dort erfolgte Aufhebung der Zünfte vorzüglich unzufrieden waren, und sich daher zur Vertreibung der Engländer verbunden hätten. Noch Andere machen sie zu Überbleibseln der Banden, welche 1799 Cardinal Ruffo zur Vertreibung der Franzosen aus Neapel sammelte, und da es an schriftlichen Nachrichten gebricht, möchte es schwer sein, die Wahrheit über diese Gesellschaft zu erforschen, deren Unterdrückung und gerichtliche Verfolgung schon 1816 von König Ferdinand IV. angeordnet wurde.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 383.
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