Drosseln

Drosseln

[599] Drosseln (die) bilden eine besondere Gattung Vögel, haben einen mäßig langen, zusammengedrückten und gebogenen, an den Seitenrändern etwas ausgeschnittenen Schnabel, verhältnißmäßig lange und starke Wandelfüße und nähren sich von Insekten und Beeren.

Sie werden von manchen Naturkundigen in die Ordnung der Singvögel, von Andern in die der sperlingsartigen Vögel verwiesen, sind etwa 3–4mal so groß als eine Lerche, liefern fast alle ein sehr beliebtes, schmackhaftes Wildpret und besitzen zum Theil sehr angenehme Stimmen. Merkwürdig ist die in Nordamerika heimische Spottdrossel, welche obenher aschgrau, an Schwanz und Flügel schwarz, die letztern mit weißen Flecken, untenher lichtgrau aussieht und mit einem eignen schönen Gesange die Fähigkeit besitzt, die Stimmen anderer Vögel und selbst die der Säugethiere täuschend nachzuahmen, daher die Mexicaner ihr den Namen des Vogels mit 400 Zungen geben. Im nördl. Deutschland ist von allen Drosseln vorzüglich die Schwarzdrossel oder Amsel heimisch, welche ihres angenehmen Gesangs wegen und weil man sie jung leicht zähmen und selbst etwas sprechen lehren kann, ein sehr beliebter Stubenvogel ist. Die Männchen sehen schwarz. mit gelben Schnäbeln und Augenrändern, die Weibchen, deren Schnabel nur inwendig gelb ist, obenher dunkel-, untenher rostbraun. Die Singdrossel oder Zippe brütet ebenfalls bei uns und haust in Menge in den Schwarzwäldern. Sie gehört auch zu den guten Sängern, hat am Oberleibe olivengraues, an der Unterseite der Flügel rostgelbes Gefieder, länglichrunde dunkelbraune Flecken am Bauche und legt schön blaugrüne, braunpunktirte Eier. Die wegen ihres Wohlgeschmacks besonders geschätzten Drosseln sind: die [599] Misteldrossel, auch Ziemer und Schneer genannt, die größte ihrer Schwestern, olivenbraun mit am Bauche mondförmigen, am Halse dreieckigen Flecken und von den Beeren der Mistel, ihrem Leibfutter, so genannt, welches Schmarotzergewächs sie fortpflanzen hilft, indem sie die unverdauten Kerne auf die Äste der Bäume fallen läßt, wo sie in der rauhen Rinde aufgehen; die hier abgebildete Rothdrossel und, weil sie gern die Weinberge heimsucht, auch Weindrossel genannt, brütet im Norden von Europa, kommt nur als Zugvogel nach Deutschland und wird in den Ostseeländern in außerordentlicher Menge gefangen. Die Deckfedern der Unterflügel sehen orangeroth, der Oberleib olivenbraun und an den Seiten des Halses ist sie durch einen dunkelgelben Fleck, sowie über den Augen durch einen weißlichen Streifen ausgezeichnet. Ebenfalls aus den Nadelholzwäldern des Nordens kommt als Zugvogel zu uns die Wachholderdrossel, oder wo die Wachholderbeeren Krammetsbeeren heißen, von diesem ihrem Lieblingsfutter Krammetsvogel genannt, mit meist kastanienbraunem, weißgrau gewölktem Gefieder und am weißen. Bauche dreieckigen, an der rostgelben Brust herzförmigen schwarzbraunen Flecken. Sie stellt sich oft in ungeheuern Scharen ein und war schon bei den alten Römern, welche sie in besonders eingerichteten Vogelhäusern mästeten, ein beliebtes Gericht. Die Ankunft der Drosseln in großen Zügen aus dem Norden erfolgt im Oct. und Nov., und je rauher der Winter ist, desto weiter ziehen sie in südl. Länder, aus denen sie im Frühjahre zurückkehren. Während dieser Reisen wird aber eine ungeheure Menge davon in Dohnen (s.d.) und auf Vogelheerden gefangen und manche Gegenden treiben mit diesem Wildpret einen oft sehr einträglichen Handel.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 599-600.
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