Erkältung

[687] Erkältung nennt man die Störung der Ausdünstung der Haut im gesunden oder kranken Zustande des Körpers durch Einwirkung einer für den Körper zu kalten Last oder Flüssigkeit. Sie tritt am leichtesten ein, wenn der erhitzte Körper von einem kalten Luftzuge getroffen wird, aber auch das Eintauchen der grade stark ausdünstenden Hände und Füße in kaltes Wasser, ein zu kaltes Bad, ein kalter Regenguß, ja selbst ein kalter Trunk vermögen dieselbe Wirkung hervorzubringen. Um so merkwürdiger ist es deshalb, daß die kalten Begießungen des von Schweiß triefenden Körpers im russ. Dampfbade in der Regel zu keiner Erkältung Veranlassung geben, sie schaden jedoch nicht, weil die innere Hitze die Ausdünstung im Gange erhält. Die Anlage zu Erkältungen ist nicht bei allen Menschen gleich groß, vorzugsweise aber bei verzärtelten, verweichlichten, überhaupt kränklichen Personen vorhanden, daher am häufigsten bei den Bewohnern großer Städte, bei kleinen Kindern und hochbejahrten Leuten. Von den einzelnen Körpertheilen sind wieder diejenigen der Erkältung am meisten ausgesetzt, die durch beständige Bekleidung und Verhüllung der Luft am meisten entwöhnt sind. Die Zahl der Krankheiten, welche durch Erkältung, namentlich öftere Wiederholungen derselben, hervorgebracht werden können, ist außerordentlich groß, da die Störung oder gänzliche Unterdrückung einer so wichtigen Verrichtung, wie die Ausdünstung der Haut ist, nie ohne nachtheiligen Einfluß auf den gesammten Lebensproceß bleiben kann. Indessen lassen sich die Folgen einer Erkältung zuweilen noch durch schnelle Wiederhervorrufung der Hautausdünstung abwenden. Letzteres gelingt mitunter durch angestrengte körperliche Bewegung und künstliche Erwärmung von außen und innen. In manchen Krankheiten sind jedoch Erkältungen fast jedesmal mit Lebensgefahr verbunden; dahin gehören namentlich die sogenannten hitzigen Hautausschläge, wie die Blattern, Masern, der Scharlach u.s.w., weil sie nach Erkältungen gern zurücktreten und dann leicht Entzündungen innerer edler Eingeweide darauf folgen. Die eigentlich sogenannten Erkältungskrankheiten sind hauptsächlich Schnupfen und Husten, mit und ohne Fieber, Rheumatismen, Durchfälle, die Rose, nicht selten aber auch Entzündungen verschiedener Art, je nachdem grade die Persönlichkeit des von der Erkältung Betroffenen zu dieser oder jener Art von Erkrankung hinneigt. Das beste Schutzmittel gegen Erkältung ist und bleibt allerdings Abhärtung; allein wenn diese nicht schon in der Kindheit erstrebt worden ist, stößt sie in spätern Jahren auf oft schwer oder gar nicht zu[687] überwindende Hindernisse, die ihr Gewohnheit, bürgerliche und gesellschaftliche Verhältnisse entgegensetzen. Zu den hauptsächlichen Abhärtungsmitteln gehören aber möglichst häufiger Aufenthalt in freier Luft und zwar bei jeder Witterung, leichte Kleidung, tägliches oder doch öfteres Waschen des ganzen Körpers mit kaltem Wasser, Flußbäder, nicht blos während des Sommers, sondern, jedoch mit Vorsicht, bis in den Herbst fortgesetzt, keine oder doch nur leichte Federbetten, statt ihrer Matratzen und einfache Decken, nur mäßig geheizte Stuben im Winter u.s.w.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 687-688.
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