Fiesco

[38] Fiesco, mit vollem Namen Giovanni Luigi de'Fieschi, Graf von Lavagna, geb. 1525, gest. 1547, aus einer der vornehmsten und reichsten Familien Genuas, war von der Natur und dem Glücke auf das reichste ausgestattet worden und ein Liebling des Volkes, wurde aber durch seine Ehrsucht und Herrschbegier zu hochverrätherischen Unternehmungen verleitet, in deren Ausführung er ums Leben kam. In Genua herrschte damals (als Doge) Andrea Doria aus der ältesten und vornehmsten Familie, der sich um sein Vaterland die größten Verdienste erworben, es von der Oberherrschaft der Franzosen befreit und ihm eine geordnete Verfassung gegeben hatte. Dennoch gab es wegen der Bevorzugung gewisser Familien, die allein Zutritt zu den hohen Staatsämtern hatten, viele Unzufriedene, welche sich gern an den jungen, talentvollen, reichen F. anschlossen, um die Doria zu verderben. Namentlich Johann Doria, der Neffe des Dogen Andrea, war ein Gegenstand des Hasses für Viele, die er durch seinen Übermuth beleidigt hatte. F. wußte den alten Doria durch Ehrerbietung und den jungen durch Freundschaftsbezeugungen so für sich einzunehmen, daß sie nicht merkten, wie er alle ihnen feindlich gesinnte Männer an sich zog, und Waffen und Söldner nach Genua brachte. Um keinen Verdacht aufkommen zu lassen, gab er vor, er rüste eine Galeere gegen die Türken aus. In der Nacht nach dem 1. Jan. 1547 kam die Verschwörung zum Ausbruch. Alles ging nach Wunsch, der Hafen war in den Händen der Verschworenen, Johann Doria war ermordet, Andrea aber durch treue Diener noch glücklich entführt worden. F., der sich schon Sieger und Herr der Stadt wähnte, eilte nach dem Hafen, und sein Ruf: »Es lebe die Freiheit!« wurde stürmisch von den Galeerensklaven wiederholt. Aber F. war allein; in der Dunkelheit betrat er ein Bret, um vom Lande nach den Galeeren zu eilen, es schlug um. Seine schweren Waffen zogen F. in den Schlamm herab, wo er umkam. Die Verschworenen, das Volk, welches sich für ihn empört hatte, riefen und suchten nach F. Es verbreitete sich nun ein dunkles Gerücht von seinem Tode; er fehlte, und damit die Seele des ganzen Unternehmens, welches in sich selbst zerfiel. Doria kehrte zurück, die Verschworenen wurden erst begnadigt, dann aber dennoch verurtheilt und verfolgt, die meisten hingerichtet oder auf die Galeeren geschmiedet. F.'s Leiche hatte man am vierten Tage nach seinem Tode im Schlamme gefunden, aber der Senat verbot, sie herauszuziehen. Erst nach zwei Monaten nahm man den Körper heimlich heraus und warf ihn ins Meer. Die Familie des F. wurde aus Genua verbannt, seine Güter wurden eingezogen, seine Paläste und Häuser dem Erdboden gleichgemacht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 38.
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