Mariazell

Mariazell

[59] Mariazell, ein Marktflecken mit 900 Einw. an der Solza im brucker Kreise des Herzogthums Steiermark, in einer höchst romantischen Gegend gelegen, der zu den berühmtesten Wallfahrtsorten in Deutschland gehört.

Er wird noch jährlich von mehr als 50,000 Wallfahrern aus allen Provinzen des östr. Kaiserthums besucht, welche mit ihren malerischen Trachten, wenn sie unter Chorgesängen in langen Zügen den Berg zur Kirche hinaufwallen, ein sehr eigenthümliches Bild gewähren. Manche rutschen auch knieend hinauf, Andere beladen sich mit schweren Kreuzen oder erschweren sich ihr Vorhaben auf andere Art. Das hiesige Marienbild ist aus Lindenholz geschnitten und wurde zuerst im J. 1157 von einem Priester zur Verehrung aufgestellt, der sich hier niederließ, um den Bewohnern dieser abgelegenen Gegend die Sacramente zu reichen. Im Anfang des 13. Jahrh. ließen Markgraf Heinrich und seine Gemahlin eine steinerne Kapelle darüber bauen und 1342 erhielt der Ort die Rechte eines Marktfleckens. Nachher entstand eine schöne Kirche über der Kapelle, kostbare Schenkungen bereicherten den Schatz von allen Seiten, und zur Feier des 600jährigen Jubiläums des Gnadenorts im J. 1757 sollen 380,000 Menschen dagewesen sein. Später wurden dringende Verhältnisse die Veranlassung zur Verminderung des Schatzes, am 1. Nov. 1827 aber zerstörte eine Feuersbrunst den Ort und auch das Dach und die Thürme der Kirche. Die veranstalteten wohlthätigen Sammlungen erlaubten jedoch den baldigen und prächtigen Wiederaufbau und so knieen denn die Gläubigen längst wieder vor dem von der Kaiserin Maria Theresia gestifteten silbernen Gitter, welches den Eingang der kleinen düstern Kapelle im Mittelpunkt der Kirche verwahrt, wo das von Juwelen strahlende Gnadenbild sich befindet, und tragen ihm ihre Wünsche vor. Eine Menge Opfer- und Votivbilder verkünden die ihm zugeschriebenen Wunder im Innern der Kirche, rund um dieselbe aber werden während der Wallfahrtzeit in Buden geweihte Kerzen, Rosenkränze, die Beschreibung und Geschichte des Gnadenortes und ähnliche Gegenstände, sowie Mundvorräthe aller Art feilgeboten und während dieser Zeit wird jedes Haus von M. ein Wirthshaus.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 59.
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