Meerschaum

[99] Meerschaum, der Stoff zu den von Tabacksrauchern so geschätzten Meerschaumpfeifenköpfen, ist eine mit Kieselerde und Wasser vermischte Art Talkerde oder Magnesia (s.d.), wenig schwerer als Wasser und von weißer, gelblicher und röthlicher Farbe. Sie fühlt sich fettig oder seifenartig an, ist frisch gegraben weich und zähe und wird vorzüglich tauglich zur Verfertigung von Pfeifenköpfen unweit Konia, dem alten Iconium in Natolien, und bei Thiva, dem ehemaligen Theben im Königreiche Griechenland, außerdem in der Krim, in Spanien, bei Hrubschitz in Mähren, in Piemont und England, allein nicht häufig gefunden. Verarbeitet wird bis jetzt fast nur der von den beiden erstgenannten Fundorten, welcher frisch weich genug ist, um sich in Formen mit eingeschnittenen Figuren pressen zu lassen. Die so erhaltenen Pfeifenköpfe werden dann ausgehöhlt, in einem warmen Backofen getrocknet, nachher polirt und in Öl und Wachs kurze Zeit gesotten, was ihre Haltbarkeit erhöht. Diese und andere blos aus dem Gröbsten geformte, sowie roher Meerschaum, der aber gewöhnlich nur in kleinen Stücken besteht und durch Sand und Steine sehr verunreinigt ist, kommen von Konstantinopel aus und über Triest in den Handel. Die grobgeformten werden an mehren Orten in Deutschland vollends ausgearbeitet und gesotten, was sich von dem rohen Meerschaum zu Pfeifenköpfen eignet, wird dazu benutzt, aus dem Übrigen aber und dem Abfalle von den vorigen werden seit Mitte des vorigen Jahrh. zu Ruhl in Thüringen unechte Meerschaumköpfe in großer Menge, wohlfeil und von sehr verschiedener Güte verfertigt, welche aber an Haltbarkeit den andern weit nachstehen. Der Meerschaum wird dazu in hölzernen Mörsern gestoßen, gesiebt, in Regenwasser eingeweicht, bis er einen unangenehmen Geruch entwickelt und zu einer teigartigen Masse geworden ist, der auch oft Gyps beigemischt wird. Aus dieser werden dann unter Zusatz von Traganthgummi oder eines andern Bindemittels Pfeifenköpfe geformt, getrocknet und nachher wie die echten zugestutzt. Anleitung zur Kennerschaft in diesen Dingen gibt das Schriftchen: »Unterweisung [99] in Beurtheilung und Behandlung der sogenannten Meerschaumpfeifenköpfe« (Lpz. 1824). Die Benennung dieses Minerals rührt daher, daß es früher für verhärteten Meerschaum gehalten wurde, welcher Name übrigens auch den kalkartigen Rückenknochen der Sepien oder Tintenfische (s.d.) gegeben wird, die man häufig auf dem mittelländ. Meere schwimmend findet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 99-100.
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