Obstruction

[322] Obstruction heißt im Allgemeinen so viel als mangelhafte Stuhlausleerung, und besteht entweder nur in Hartleibigkeit, d.h. in widernatürlich langer Zurückhaltung und trockener Beschaffenheit des Darmkothes oder in gänzlicher Stuhlverhaltung und wirklicher Verstopfung. Beide Zustände unterscheiden sich nur dem Grade nach voneinander, sind immer Anzeigen anderer Krankheitszustände und bringen auch selbst wieder krankhafte Wirkungen hervor. Sie hängen theils von zu geringer oder gänzlich mangelnder Absonderung der in den Darmkanal sich ergießenden Säfte, wie z.B. der Galle, des Bauchspeichels, theils von zu träger, langsamer oder gänzlich unterbrochener Bewegung der Därme, theils endlich von zu reichlicher Aufsaugung alles Flüssigen im Darmkanale ab. Eine besondere Geneigtheit zur Hartleibigkeit und Verstopfung besitzen ältere Leute, ferner Personen, die viel sitzen, häufig und stark schwitzen, an Hypochondrie oder Hysterie leiden und Frauen, vorzüglich zu Anfang und in der letzten Zeit der Schwangerschaft. Veranlassungen, welche die nöthige Absonderung von flüssigen Stoffen im Darmkanale vermindern oder ganz hemmen, sind kürzlich vergangene Durchfälle, reichliche Schweiße, Speichelfluß und überhaupt alle andere zu starke Ausleerungen, zu sparsamer Genuß wässeriger Flüssigkeiten, Überreizung des Magens und Darmkanals durch scharfe oder geistige Substanzen, entzündliche Krankheitszustände und was die Bewegung der Därme beeinträchtigt oder hindert, daher Mangel an körperlicher Bewegung, öftere Überladungen mit ihren Folgen, Schwäche,[322] Schlaffheit oder gar Verengerung oder Erweiterung des Darmkanals, häufiger Genuß von groben, schwer verdaulichen, kleisterigen Mehlspeisen, öftere Nichtbefriedigung des natürlichen Triebes zur Stuhlentleerung, verschluckte feste Körper, wie z.B. Obstkerne, Brüche, Goldaderknoten, Geschwülste benachbarter Theile. Die übeln Wirkungen, welche die Hartleibigkeit und noch mehr die gänzliche Stuhlverstopfung, zumal bei langer Dauer, hervorbringen können, sind hauptsächlich allmälige Erweiterung und Erschlaffung des Darmkanals, Hämorrhoidalbeschwerden, Beängstigung, Brustbeklemmung, Kopfschmerz, Magendrücken, Mangel an Eßlust, Übelkeiten, ja wirkliches Erbrechen von Nahrungsstoffen, Schleim, Galle, selbst von Koth (s. Miserere), letzteres meist unter großen Schmerzen im Unterleibe, heftigem Durste, Eintritt von Fieber, Ohnmachten und Irrereden mit gewöhnlich tödtlichem Ausgange, endlich auch Blutungen und Schlagfluß. Die Hülfe hängt immer von den besondern Umständen ab; in diätetischer Hinsicht sind fleißige Bewegung in freier Luft, Verminderung mehliger, überhaupt schwer verdaulicher Speisen und reichliches Trinken von Wasser, für Manche auch das Tabackrauchen, der Genuß gebackenen Obstes, namentlich gebackener Pflaumen, des Sauerkrauts, der Milchspeisen u.s.w. zu empfehlen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 322-323.
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