Pyrmont

[601] Pyrmont (die Grafschaft oder das Oberamt) macht einen des Fürstenthums Waldeck aus, ist von Hanover, Lippe-Detmold und preuß. Gebiet umschlossen und hat auf 12/3 ! M. über 6000 Einw. Sie bildet zum Theil ein von der Emmer, einem Nebenflusse der Weser, durchflossenes Thal, ist übrigens waldig und gebirgig, besitzt sehr ergiebige Salzwerke und berühmte Mineralquellen und gewährt über 50,000 Gldn. jährliche Einkünfte. Zu den vorzüglichen Höhen gehören der Mühlenberg, Busseberg, Hohestolte, die Arminiusburg und andere; merkwürdig sind drei Erdfälle, d.h. trichterförmige Vertiefungen, welche sich mit Wasser gefüllt haben und gewöhnlich Meere genannt werden, und in einem Sandsteinbruche eine Grotte von 6 ! F. Flächenraum und 10 F. Höhe, die am Boden mit einer oft mehre Fuß hohen Schicht von kohlensaurer Luft angefüllt ist und ähnliche Erscheinungen wie die Hundsgrotte bei Neapel darbietet, indem z.B. kleine Thiere, welche nicht mit dem Kopfe darüber hinausragen, darin sterben. Ackerbau und Viehzucht, die Verfertigung von Zwirnstrümpfen, der zahlreiche Besuch der Mineralquellen von fremden Badegästen bilden die Haupterwerbsquellen des Ländchens, welches eine Stadt, ein Schloß und zehn Dörfer enthält. – Der Hauptort, die gut gebaute Stadt Pyrmont mit 2600 Einw., liegt am nördl. Ende des reizenden Emmerthales und hat schon über 300 Jahre benutzte, an kohlensaurem Gas reiche, salinisch eisenhaltige Gesundbrunnen. Von der zum Trinken verwendeten völlig klaren Hauptquelle, die vor Zeiten der heilige Brunnen hieß, nie zufriert und einen geistigen, weinsäuerlichen, erquickenden Geschmack hat, werden des Jahres an 350000 Flaschen versendet; das etwas trübe Wasser des Brodelbrunnens, der mit Geräusch hervorquillt, wird zum Baden gebraucht; von ähnlichem Gehalte sind der Augenbrunnen und Neubrunnen. Außerdem sind Kochsalzquellen und ein Sauerbrunnen vorhanden, sowie Mineralgas- und Salzbäder eingerichtet worden. Die Hauptstraße des Orts mit einer schönen Lindenallee führt zur großen Allee, welche 500 Schritte lang, 40 breit, mit vier Reihen hoher Linden besetzt und der Vereinigungspunkt der Badegäste ist. An derselben liegen das Brunnenhaus, zwei Ballsäle, das Kaffeehaus und Schauspielhaus und die Badezeit über stehen dort in Buden die mannichfaltigsten Gegenstände zum Verkaufe. Das Schloß P., welches die Residenz des Fürsten ist, liegt nur wenig hundert Schritte von der großen Allee entfernt. Der Ruf seiner Quellen, reizende Umgebungen und vortreffliche Einrichtungen zur Bequemlichkeit der Badegäste führen jährlich über 2060 fremde Besucher nach P., dem man jedoch die zunehmende Kostspieligkeit des Aufenthalts zum Vorwurfe macht. – In der nahen Quäkercolonie Friedensthal befindet sich eine Stahlwaarenfabrik und im Oesdorf ein Salzwerk.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 601.
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