Rheingau

Rheingau

[693] Rheingau (der) ist eine der reizendsten und gesegnetsten Gegenden Deutschlands und liegt im Herzogthume Nassau am rechten Ufer des Rheins, wo er unterhalb Mainz beim Dorfe Niederwalluf beginnt und sich in einer Breite von zwei Stunden bis zu dem vier Stunden entfernten Dorfe Lorch erstreckt.

Gebildet wird er durch den südl. Abfall des angenehmen, an Wald, Erzen und Mineralquellen reichen[693] Taunusgebirges zum Rheine, insbesondere aber durch das blos von einem schmalen Thale davon getrennte Rheingaugebirge, und genießt bei seiner gegen S. offenen, wider O. und Nordwinde geschirmten Lage eines vorzüglich milden Klimas. In seiner ganzen Ausdehnung zieht sich eine nur von geringen Entfernungen unterbrochene Reihe schöner Ortschaften hin, deren hauptsächlichste Nahrungsquelle der Weinbau und Weinhandel sind, denn hier gedeihen die edelsten Rheinweine (s.d.). Hauptort der von 18,000 Menschen bewohnten, an Naturschönheiten reichen Landschaft ist das schöne Städtchen Elfeld oder Elville mit 2000 Einw.; tiefer hinab liegt in geringer Entfernung vom Rheinufer ungefähr in der Mitte des Rheingaus der berühmte, umstehend abgebildete Johannisberg, auf welchem der vortrefflichste aller Rheinweine gebaut wird. Zuerst soll der 856 verstorbene Erzbischof von Mainz, Rhabanus Maurus, diesen Berg mit Reben bepflanzt und dort eine dem h. Nikolaus geweihte Kapelle gegründet haben. Einer seiner Nachfolger erbaute dann ein Benedictinerkloster auf demselben, welches 1130 in eine Abtei verwandelt wurde und mit dem Berge Bischofsberg hieß. Während des Bauernkriegs geplündert, sowie im dreißigjährigen Kriege durch die Schweden zerstört, nachher vom Erzbischof Anselm Kasimir für 20,000 Thlr. verpfändet, ward sie erst 1716 durch den Fürstbischof und Abt von Fulda wieder eingelöst, jedoch in ein Priorat verwandelt. Von ihm ward auch 1722–32 das Schloß erbaut, welches hierauf stets zwei fuldaer Domherren bewohnten und das 1796 die Franzosen wegen rückständiger Contributionen in die Luft sprengen wollten. Nach Aufhebung des Bisthums 1803 kam es bis 1805 in den Besitz des Hauses Nassau-Oranien, ward 1807 vom Kaiser Napoleon dem Marschall Kellermann, Herzog von Valmy, geschenkt, 1813 aber von Östreich in Besitz genommen. Am 1. Aug. 1816 wurde hierauf vom Kaiser Franz I. der Fürst von Metternich mit dem Schlosse Johannisberg und dem gleichnamigen Dorfe von 700 Einw. belehnt, doch behielt sich der Kaiser die Oberherrlichkeit und den jährlichen Weinzehnt vor. Prächtig ist die Aussicht vom Balcon des Schlosses, wo man den ganzen Rheingau vor sich ausgebreitet sieht und der herrliche Strom mit seinen Inseln mehr einem großen See gleicht. Der auf dem Berge wachsende Wein heißt Schloß-Johannisberger, ist der beste und von Säure fast ganz frei; es gibt 55 Morgen solcher Schloßweinberge, die ungefähr 25 Stückfaß jährlich geben, welche zu 3–4000 Gulden Rhein. verkauft werden. Außerdem wird Dorf-Johannisberger und Drittelwein in größerer Menge gebaut, die aber geringer sind. An Wald, Wiesen und andern Ländereien gehören ungefähr 2000 Morgen zu dieser Besitzung.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 693-694.
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