Singschulen

[197] Singschulen finden sich schon in den ältesten Zeiten, denn schon die ältesten Völker, von denen die Geschichte redet, bedienten sich des Gesangs bei ihren Religionsübungen, und der Gesang, wie überhaupt die Musik, machte bei ihnen einen vorzüglichen Gegenstand des Unterrichts aus. So wurde namentlich auch Gesang in den von Samuel gestifteten Prophetenschulen bei den Hebräern gelehrt. In der christlichen Welt gab es eigentliche Gesangschulen zuerst in Rom, und Papst Sylvester soll sie zwischen 314–35 gestiftet haben. Gregor der Große (590–604) verbesserte diese Singschulen, und unter ihm kam durch Augustinus mit dem Christenthum der Kirchengesang nach England. Karl der Große ließ Sänger in Rom unterrichten, welche er hernach nach Deutschland und Frankreich schickte, und von röm. Sängern ließ er Singschulen in verschiedenen Städten anlegen, zuerst in Metz und Soissons. Troubadours und Minnesänger pflegten neben der Poesie die Kunst des Gesanges und nachher nahmen sich ihrer die Meistersänger an. Es entstanden später in verschiedenen, besonders deutschen Städten Singschulen, welche Fortschritte machten, und bereits in der Mitte des 15. Jahrh. wurde in der Singschule zu Augsburg Figuralmusik gelehrt. Es wurde Sitte, daß Sängerchöre in den Straßen der Städte herumzogen und geistliche Lieder sangen, und mit jedem solcher Sängerchöre war eine Sinaschule verbunden, in welchen die [197] Sänger gebildet wurden. Großartiger waren die Singschulen in Italien, zum Theil unter ausgezeichneten Musikern und Componisten. Es kamen die Conservatorien (s.d.) auf. In Deutschland sind in neuerer Zeit besonders auch freie Vereine von Liebhabern des Gesanges unter dem Namen von Singvereinen und Singakademien aufgekommen. Solche Vereine sind auch die immer zahlreicher werdenden sogenannten Liedertafeln (s.d.). Besonders auch in der Schweiz haben sich Gesangvereine gebildet, in Städten und Dörfern, und die allgemeinste Theilnahme durch treffliche Leistungen gefunden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 197-198.
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