Branchu, Madame

[164] Branchu, Madame, Mad., geborne Chevalier, die erste Sängerin, ja für uns die eigentliche Repräsentantin der französischen großen Oper, betrat 1801 die Bühne. Unerschöpflich an Kraft und Ausdauer, ist ihre Stimme auch in alten Tagen noch von seltener Reinheit, jugendlicher Frische, zuweilen fast so melodisch klingend wie deutsche und italienische Stimmen. Fast vollendet in Allem, was den mechanischen Theil des Vortrags betrifft, ist sie wahrhaft bewundernswürdig durch die Freiheit, womit sie alle Schwierigkeiten der Partien einer Armida, Dido, Alceste, Julia etc. beherrscht. Uebrigens bleibt sie stets der Declamationsschule der Franzosen treu, welche fast unbekümmert um die Cantilena den Gesang verstandesgemäß zerstückelt, der Phantasie auf Worten und Sylben ihre Stationen anweist. Als Schauspielerin hat sie keine andern Verdienste, als die, welche lange Uebung und mechanischer Fleiß gewähren Für die eigentlich moderne Oper hat sie keinen Sinn mehr und keine Bedeutung.

14.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 164.
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