Damast

[60] Damast. Im strengsten Sinne gilt das Wort ausschließlich für die gemusterten Seidenzeuge, welche sonst vorzüglich aus Damas oder Damaskus kamen (daher der Name) und welche auf einem einfarbigen Atlasgrunde anders gefärbte, häufig goldene, etwas erhabene Blumen, Arabesken etc. enthalten. In Indien und China verfertigt man diese Zeuge von außerordentlicher Schönheit und in so hohem Preise, daß meistens nur Rajas, regierende Fürsten, sich in dieselben kleiden, oder Ehrenpelze, mit dergleichen überzogen, von ihnen an Gesandte gegeben werden. In Europa werden diese Zeuge gar nicht mehr getragen, nur in den Synagogen findet man den Altar damit geschmückt; dagegen verfertigt man in Lyon, Genua, [60] Turin, Florenz etc. ähnliche von Seide, in Berlin, Krefeld, Lucca, Leipzig etc. halbseidene, welche besonders zu Tapeten und Vorhängen in den Häusern reicher Leute gebraucht werden, zur Zeit der Reifröcke schmückten sich Damen und Herren mit dergleichen, die Letzteren trugen Westen und ganze Kleider von Damast. Heutigen Tages wird der Name besonders auf leinene Zeuge angewendet, und die Leineweber, welche Tisch- oder Tafeltücher, Servietten, Handtücher u. s. w. verfertigen, bilden eine eigene Zunft. Es gehört zu der Damastweberei kein geringer Grad von Geschicklichkeit Der Zeug, oft in sehr großer Breite und immer ohne Naht, wird auf einem Stuhle verfertigt, welcher Damast- oder Zampelstuhl heißt und vier Ellen im innern Raume hat, so daß man Tischtücher von beliebiger Länge und von 8 bis 9 Fuß Breite darauf weben kann. Es sitzen immer zwei Weber an einem solchen Stuhle, und bevor sie an's Werk schreiten, müssen sie das ganze Muster auf einer sogenannten Damastpatrone aufgezeichnet haben. Die Blumengewinde laufen gewöhnlich durch das ganze Stück fort und sind auf der rechten Seite wie auf der linken gestaltet, nur mit dem Unterschiede, daß, was rechts Atlasgewebe hat, links wie Taffet aussieht und umgekehrt. Dieser Fall gibt die leichteste Art von Damastweberei, der andere ist, wenn die Muster sich im Verfolg verändern, da denn auch die Patronen anders genommen werden müssen, welches viel Umstände macht. Das Schwierigste aber ist, wenn die Muster nicht auf beiden Seiten gleich sind. Ohne Zeichnung einen Begriff von der Einrichtung und der Art der Arbeit am Damaststuhl zu geben, ist beinahe unmöglich. Er gleicht im Allgemeinen dem gewöhnlichen Leinwandwebestuhl in etwas, hat aber statt der beiden Tritte, welche dort die Kette (den Aufzug), heben und senken, hier zehn und mehr solcher Tritte, damit man die zur Bildung der Zeichnung nöthigen Faden auf- oder niederziehen kann. Die besten Leinwand-Damaste werden in Sachsen (Großschönau), Schlesien und Böhmen verfertigt.

V.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 60-62.
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